Podemos: "Wir wollen an die Macht"

Podemos ist in Spanien ein Erfolg
Bei den heurigen Wahlen ist eine Sensation möglich. Der KURIER traf einen Podemos-Gründer.

Was ihre Ziele betrifft, macht Podemos keine halben Sachen – und die jüngsten Umfragen sehen sie direkt auf dem Weg dorthin. Gerade einmal Jahr nach ihrer Gründung und ein Dreivierteljahr vor den Parlamentswahlen in Spanien liegt die Bürgerbewegung mit 30 Prozent Zustimmung in Führung. Damit hat sie auch jene zwei Großparteien überholt, die sich seit der Einführung der Demokratie vor mehr als 30 Jahren an der Macht abgewechselt haben: Die derzeit regierende Volkspartei und die sozialdemokratische PSOE. Podemos-Chef Pablo Iglesias ist der mit Abstand beliebteste Politiker des Landes.

Podemos: "Wir wollen an die Macht"
Inigo Errejon, Podemos
Entsprechend selbstbewusst tritt man in der Öffentlichkeit auf, so auch Inigo Errejon, einer der Gründer und der Wahlkampfleiter von Podemos. Der KURIER traf ihn am Rande eines Vortrags an der Uni Wien. Für den 31-jährigen Politologen gibt es keinen Zweifel, wo man am Ende dieses "entscheidenden Jahres für Spanien" stehen will und wird: "Wir wollen nicht kritisieren, nicht irgendeine linke Stimme in der Politik sein. Wir wollen an die Macht. Nur dann können wir unsere Pläne umsetzen."

Wirklich konkret, das zeigt sich auch bei Errejons Auftritt in Wien, sind diese Pläne nur sehr teilweise. Etwa, was Spaniens überbordende Staatsschulden – inzwischen 100 Prozent des BIP – und deren Rückzahlung betrifft: "Wir waren ein braver Schüler der EU-Troika, haben gespart und gezahlt. Was hat es uns gebracht? Schulden, die einfach nicht mehr bezahlbar sind."

Anders als Griechenlands linke Syriza peilt Podemos vorerst keinen radikalen Schuldenschnitt an. Man verlangt einfach sanftere Zahlungsmodalitäten, mehr Zeit und kleinere Raten, "eine Politik, die Spaniens Wirtschaft nicht abwürgt, sondern wirklich wachsen lässt."

Bei der Steuerpolitik hat man zumindest die Gegner klar im Visier: Spaniens Großkonzerne, prangert Errejon an, seien für 70 Prozent der Steuerhinterziehung verantwortlich, indem sie ihre Gewinne ins Ausland verschöben: "Allein, wenn wir diese Steuerlücken schließen, hat Spanien das Geld, um der heutigen sozialen Katastrophe entgegenzutreten."

Distanz zu Linken

Obwohl die meisten Vertreter von Podemos – wie auch Errejon und Iglesias – aus der politischen Linken kommen, will man sich ideologisch nicht auf deren Inhalte festnageln lassen. "Die Linke in Spanien ist in einer intellektuellen Krise – darum hat sie Angst vor uns."

Auch deshalb spricht Errejon in Wien konsequent über "das Volk", wenn es um die Menschen geht, die Podemos vertreten will. Man will sich nicht auseinanderdividieren lassen: Das ist die Lehre, die die Bewegung von ihren Anfängen mitgenommen hat. Die liegen in den Großdemos des Jahres 2012, als Zehntausende, vor allem junge Spanier den zentralen Platz in Madrid über Wochen besetzt hielten. "Was uns damals geeint hat", erinnert sich Errejon, "war das Gefühl, das man uns grundlegende Rechte genommen, den sozialen Vertrag unserer Gesellschaft gebrochen hat – und das für unsere ganze Generation."

Als die Massenproteste abflauten, begann man sich in kleinen Gruppen, Bezirk für Bezirk, zu organisieren.

Das erste gemeinsame Ziel war es, den Rauswurf Tausender überschuldeter Familien aus ihren Wohnungen zu verhindern. Man besetzte die Wohnungen, klagte die oft betrügerischen Immobilien- oder Kreditfirmen, verhandelte Schuldenstundungen mit Banken, die ohnehin auf Tausenden leeren Wohnungen saßen.

Voll Stolz spricht Errejon auch heute noch über diese Erfolge, darüber, "dass wir eine nicht nur ungerechte, sondern auch wirtschaftlich sinnlose Politik gestoppt haben. Wir haben einfach gemeinsam das gesagt und getan, was vernünftig war. Das ist die Basis unserer Politik."

Kommentare