Plagiatsverdacht: Deutsche Ministerin Giffey in guter Gesellschaft

Franziska Giffey (SPD)
Nach Debatten um ihre Doktorarbeit trat Franziska Giffey (SPD) zurück - wie bereits mehrere Politiker vor ihr.

Minister und ihre Doktorarbeiten: Die teils unrühmliche Geschichte, die mit CSU-Hoffnungsträger Karl-Theodor zu Guttenberg begann und zuletzt in Österreich fortgeschrieben wurde, hat ein neues Kapitel. Am Mittwoch trat die deutsche Familienministerin Franziska Giffey (SPD) nach mehr als drei Jahren im Amt zurück. Hintergrund ist eine Debatte um mögliche Plagiate in ihrer 2010 an der Freien Universität (FU) Berlin eingereichten Dissertation.

"Verstöße"

2019 war die Arbeit im Fach Politikwissenschaft erstmals von einer Kommission auf abgekupferte Passagen durchsucht worden. Das Gremium kam zum Schluss, die Dissertation enthalte „Verstöße gegen die Praxis guter Wissenschaft“. Giffey wurde gerügt, ihren Doktortitel durfte sie aber behalten.

Nach Kritik am Prüfverfahren wurde vergangenen Herbst eine weitere Prüfung veranlasst, deren Ergebnis im Juni veröffentlicht werden soll. Bis dahin kann Giffey, die den Doktortitel seit November nicht mehr führt, Stellung beziehen.

Regierung, SPD und Bevölkerung hätten allerdings bereits jetzt „Anspruch auf Klarheit und Verbindlichkeit“, sagte die 43-Jährige gestern. Sie habe die Arbeit „nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe“ und „bedauere, wenn mir dabei Fehler unterlaufen sind“.

Bundeskanzlerin Merkel nahm Giffeys Rücktritt „mit großem Respekt, aber ebenso großem Bedauern entgegen“. Die Agenden der Ministerin übernimmt bis zu den Bundestagswahlen im September Justizministerin Christine Lambrecht (SPD).

Wahlkampf in Berlin

Giffey, die stets betont hatte, bei einer Aberkennung der Doktorwürde zurückzutreten, galt bisher als Zukunftshoffnung der SPD. Vor ihrer Zeit als Ministerin war sie Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Neukölln, im September tritt sie für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin der Hauptstadt an. An diesem Vorhaben will Giffey festhalten – was CSU und AfD kritisieren.

Wegen Plagiaten zurückzutreten, hat in Deutschland Tradition. 2011 traf es Verteidigungsminister Guttenberg, der heute als Lobbyist in den USA lebt. 2013 musste Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) gehen, sie hatte in ihrer Dissertation in großem Stil plagiiert. Sie war nach ihrem Rücktritt Botschafterin beim Heiligen Stuhl in Rom.

Mit einem blauen Auge kam die damalige Verteidigungsministerin und heutige EU-Kommissionschefin davon: Die Medizinische Hochschule Hannover stellte in Ursula von der Leyens Doktorarbeit 2015 zwar Plagiate fest, sah aber keine Täuschungsabsicht.

Österreich und Slowakei

Auch in anderen Ländern nehmen es Doktoranden beim Zitieren nicht so genau: Der slowakische Premier Premier Igor Matovic gestand seine Schuld im Vorjahr zwar ein, verweigerte aber den Rücktritt. Und in Österreich stolperte Arbeitsministerin Aschbacher (ÖVP) über Plagiate und massive Mängel in ihrer Doktorarbeit.

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