Philippinen: Arbeitskraft als Exportgut

Krankenschwester ist einer der beliebtesten Auslandsberufe auf den Philippinen
Täglich verlassen mehr als 4000 Menschen das Land, um ihren Familien ein besseres Leben zu ermöglichen – auch in deutschsprachige Länder.

"Seit jeher besteht auf den Philippinen die Notwendigkeit, Deutsch zu lernen, da gerade Deutschland und die Schweiz Krankenschwestern aus den Philippinen anwerben", sagt Niklas Reese, der unter anderem als Deutschlehrer in der Hauptstadt Manila arbeitet. Für eine Stelle in Deutschland müssen die zukünftigen Fachkräfte das Sprachniveau B1 erlernen – laut Reese schaffen sie das meistens in einem Jahr.

Sorgen um sinkende Schülerzahlen muss sich Niklas Reese keine machen: "Die wirtschaftliche Situation hat sich für ärmere Leute seit 30 Jahren nicht geändert, und so sind Arbeitsplätze in Übersee heiß begehrt. Das hat dazu geführt, dass es im philippinischen Pflegesektor eine regelrechte Überausbildung gibt", sagt er.

Durch niedrige Löhne und wenig Perspektiven im eigenen Land wandern viele junge Filipinos aus – Schätzungen zufolge mehr als 4000 Menschen pro Tag.

Arbeitsmigranten erhöhen BIP stark

"Unser größter Export sind keine Produkte, sondern menschliche Ressourcen – das geht seit den 80er-Jahren so. Unser Bruttoinlandsprodukt besteht zu zehn Prozent aus den Überweisungen unserer Auslandsarbeiter", sagt die philippinische Studentin Lei aus Manila.

Rund zehn Prozent der Gesamtbevölkerung verdienen Geld im Ausland. Da Englisch die zweite Amtssprache auf den Philippinen ist, sind die Arbeiter weltweit gerne gesehen. Zudem gelten Filipinos als äußerst zuverlässig, genügsam und fleißig.

30.000 Filipinos in Österreich

Auch in Österreich reicht die Zuwanderung von philippinischen Fachkräften bereits lange zurück: In den 1970er-Jahren schloss Österreich ein Abkommen, sodass Krankenschwestern aus den Philippinen in österreichischen Krankenhäusern arbeiten dürfen. Noch heute leben mehr als 30.000 Filipinos in Österreich.

Zwar ist es momentan in Österreich schwierig, als neu ankommende Pflegerin aus den Philippinen zu arbeiten, dafür bieten Deutschland und die Schweiz gute Möglichkeiten: Im März 2013 unterzeichneten Deutschland und die Philippinen das "Triple Win Projekt", ein Abkommen, mit dem Pflegerinnen unbürokratisch ins Land kommen können. Bis jetzt arbeiten 150 von ihnen im Rahmen dieses Programms in Deutschland.

Ein weiteres boomendes Feld auf den Philippinen ist der Callcenter-Sektor: Waren 2010 noch etwas mehr als 500.000 Menschen in dieser Branche tätig, sind es heute schon mehr als eine Million. Indien, das als das Callcenter-Land schlechthin gilt, haben die Philippinen bereits vor vier Jahren überholt.

Mehr Lohn als Akademiker

"Das ist vor allem deswegen, weil wir viel stärker unter US-amerikanischem Einfluss leben und das amerikanische Englisch viel besser beherrschen als die Inder", sagt Lei. Bis 1946 waren die Philippinen eine amerikanische Kolonie, noch heute sind die USA im Land sehr präsent. Laut Niklas Reese verdienen Callcenter-Angestellte weitaus besser als ihre Landsleute, die im öffentlichen Dienst arbeiten. Eine studierte Lehrerin erhält beispielsweise 8000 bis 14.000 Peso (150 bis 265 Euro) pro Monat, während das Einstiegsgehalt im Callcenter bei 190 Euro liegt. "Obwohl die Menschen im Land bleiben, würde ich das als Arbeitsmigration bezeichnen, da es vorwiegend amerikanische Firmen sind, die ihre Abteilungen günstig umsiedeln", sagt Reese.

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