Peru: Zusammenstöße bei Protesten gegen Begnadigung Fujimoris

Es waren mehr als 5.000 Demonstranten.
Die Polizei setzte Tränengas ein und errichtete Barrikaden.

Mit der Begnadigung seines inhaftierten Vorgängers Alberto Fujimori hat Perus Präsident Pedro Pablo Kuczynski massive Proteste ausgelöst. Mehr als 5.000 Menschen gingen am Montagabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Lima auf die Straße, um gegen die vorzeitige Haftentlassung des 79-jährigen Ex-Präsidenten zu protestieren.

Erst vor wenigen Tagen war im Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Kuczynski wegen Korruptionsvorwürfen mit Hilfe von Fujimoris Sohn Kenji gescheitert. Die Demonstranten forderten Kuczynskis Rücktritt. "Raus, raus PPK!", riefen die Demonstranten in Sprechchören über den Präsidenten, der nach seinen Initialen nur "PPK" genannt wird. Die Polizei setzte Tränengas ein und errichtete Straßensperren, um die Demonstranten daran zu hindern, zu dem Krankenhaus zu ziehen, in dem Fujimori wegen eines Herzleidens behandelt wird.

Kuczynski hatte am Heiligen Abend Fujimoris vorzeitige Haftentlassung aus "humanitären Gründen" bekanntgegeben. Als Grund nannte er den schlechten Gesundheitszustand des 79-Jährigen. Fujimori leide an einer fortgeschrittenen und unheilbaren Krankheit, erklärte Kuczynskis Büro. Die Haftbedingungen seien für ihn lebensgefährlich. Am Samstag war Fujimori wegen Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus gebracht worden.

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REUTERS/MARIANA BAZO
People holding pictures of victims of the guerrill
People holding pictures of victims of the guerrilla conflict in the 80s and 90s march after Peruvian President Pedro Pablo Kuczynski pardoned former President Alberto Fujimori in Lima, Peru, December 25, 2017. REUTERS/Mariana Bazo NO RESALES. NO ARCHIVES. TPX IMAGES OF THE DAY
Politisches Manöver

Viele Peruaner vermuten aber, dass hinter der Begnadigung ein politisches Manöver steckt: Am Donnerstag war ein Amtsenthebungsverfahren gegen Kuczynski im Parlament überraschend gescheitert. Eingeleitet wurde das Verfahren von Fujimoris Tochter Keiko, die die Präsidentenwahl 2016 nur knapp gegen den ehemaligen Wall-Street-Banker Kuczynski verloren hatte und nun die größte Oppositionspartei anführt. Fujimoris jüngerer Sohn Kenji und mehrere andere Oppositionsabgeordneten enthielten sich aber bei der Abstimmung.

Während des Präsidentschaftswahlkampf 2016 hatte Kuczynski eine Begnadigung seines schon lange schwer kranken Vorgängers noch ausgeschlossen. Am Montagabend rechtfertigte er seinen Sinneswandel in einer Fernsehansprache. Fujimori solle nicht im Gefängnis sterben, "denn Gerechtigkeit bedeutet nicht Rache", sagte Kuczynski. Es gehe um die "Gesundheit und die Überlebenschancen" eines früheren Präsidenten, der in seiner Amtszeit "Exzesse und schwere Fehler" begangen habe, aber bereits zwölf Jahre seiner Haft abgesessen habe.

Todesschwadronen und Zwangssterilisationen

Fujimori hatte Peru von 1990 bis 2000 mit harter Hand regiert. 2005 trat er eine 25-jährige Haftstrafe wegen Korruption und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Im Kampf gegen die Links-Guerilla "Leuchtender Pfad" hatte er Todesschwadronen eingesetzt, zur Geburtenkontrolle ließ er zahllose Frauen zwangssterilisieren.

Inmitten eines Korruptionsskandals setzt er sich im Jahr 2000 nach Japan ab und erklärte von einem Hotel in Tokio aus per Fax seinen Rücktritt. 2005 reiste er nach Chile, um von dort sein politisches Comeback vorzubereiten. Er wurde stattdessen festgenommen, nach Peru ausgeliefert und schließlich zu 25 Jahren Haft verurteilt.

"Verhöhnung der Opfer"

Die Peruaner sind in der Beurteilung ihres ehemaligen Staatschefs gespalten. Weil er den Guerilla-Aufstand beendete und das Land wirtschaftlich nach vorne brachte, hat Fujimori bis heute viele Anhänger. Angehörige der Opfer Fujimoris und Menschenrechtsaktivisten verurteilten dagegen Kuczynskis Entscheidung. Bei schweren Vergehen wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfe es keine Amnestie geben, sagte der Opferanwalt Carlos Rivera.

Die vorzeitige Haftentlassung Fujimoris verhöhne die Opfer, erklärte der Generalsekretär der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, Paulo Abrao. "Das ist keine Versöhnung; das ist ganz einfach Straflosigkeit", fügte er hinzu. In einem Rechtsstaat dürfe es für niemanden eine "Sonderbehandlung" geben, erklärte der Direktor von Human Rights Watch für Amerika, Jose Miguel Vivanco. Zudem werde nun "für immer" der Eindruck bestehen bleiben, dass Fujimori "im Austausch" für Kuczynskis Machterhalt begnadigt worden sei.

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