Anti-Terror-Einsatz: Zwei Tote, sieben Festnahmen

Anti-Terror-Einsatz am Mittwoch im Norden von Paris.
Frau sprengte sich in die Luft - Einsatz von Polizei und Militär gilt mutmaßlichem Drahtzieher Abaaoud.

Die Anti-Terror-Aktion im Norden von Paris ist nach rund sieben Stunden beendet. Die Sicherung des Gebiets in der Innenstadt von Saint-Denis werde aber fortgesetzt, sagte ein Polizist.

Der französische Regierungssprecher Stephane Le Foll bestätigte das am Mittwoch in Paris. Innenminister Bernard Cazeneuve werde später Details zu der Aktion verkünden. Sie zielte nach Medienberichten auf einen mutmaßlichen Drahtzieher der blutigen Terroranschläge vom vergangenen Freitag.

Zwei Tote, sieben Verletzte

Insgesamt gab es bei dem Anti-Terror-Einsatz fünf Tage nach den Anschlägen von Paris sieben Festnahmen, drei davon in der Wohnung, wo sich Verdächtige verschanzt hatten und die die Sicherheitskräfte belagerten. Bei dem Polizei- und Armeeeinsatz gegen die Drahtzieher der Terrorattacken vom Freitag hat es zwei Tote gegeben.

In dem Gebäude in der Vorstadt Saint-Denis werde aus Sicherheitsgründen nach weiteren möglichen Verdächtigen gesucht, sagte ein Polizist. Zwei Menschen in der gestürmten Wohnung starben: Eine Frau, die sich selbst in die Luft sprengte, und ein Verdächtiger, dessen Identität zunächst nicht feststand, wie der Polizist sagte.

Der Anti-Terror-Einsatz galt dem mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge von Paris mit 129 Toten, dem belgischen Dschihadisten Abdelhamid Abaaoud. Ob er sich tatsächlich in der Wohnung befand, war zunächst unklar.

15.000 bis 20.000 Einwohner

Während des Einsatzes in Saint-Denis sind nach Einschätzung eines Stadtverantwortlichen Tausende Einwohner in ihren Wohnungen festgesessen. "15.000 bis 20.000 Personen wohnen in dem Viertel des historischen Zentrums und dürfen derzeit ihre Wohnungen nicht verlassen", sagte der beigeordnete Bürgermeister Stephane Peu am Mittwochvormittag noch während des Einsatzes der Zeitung "Le Parisien".

Er berichtete von einem fast ununterbrochenen Schusswechsel, der eineinviertel Stunde gedauert habe. Etwa 15 Menschen, darunter Kinder, seien aus dem von den Spezialkräften gestürmten Gebäude in Sicherheit gebracht worden. Sie seien von Sanitätern unter Polizeischutz ins Rathaus gebracht worden und dort von Psychologen betreut worden. "Es gibt keine Verletzten unter den Bewohnern", so Peu.

50 Soldaten beteiligt

An dem Einsatz waren u.a. die Spezialeinheit RAID sowie auch rund 50 Soldaten beteiligt. Staatspräsident Francois Hollande verfolgte nach Angaben aus seinem Umfeld mit Premierminister Manuel Valls und Innenminister Cazeneuve den Einsatz aus dem Elysee-Palast.

Anti-Terror-Einsatz: Zwei Tote, sieben Festnahmen
Members of the Raid, a special intervention unit of the French police, patrol in an empty street in the northern Paris suburb of Saint-Denis city center, on November 18, 2015, as French Police special forces raid an appartment, hunting those behind the attacks that claimed 129 lives in the French capital five days ago. At least one person was killed in an apartment targeted in the operation aimed at the suspected mastermind of the attacks, Belgian Abdelhamid Abaaoud, and police had been wounded in the shootout. AFP PHOTO / LIONEL BONAVENTURE

Einem Insider zufolge richtete sich der Einsatz im Pariser Vorort Saint-Denis gegen eine weitere Extremistenzelle. Die Gruppe habe einen Anschlag im Pariser Geschäftsviertel La Defense geplant, sagte eine mit den Ermittlungen vertraute Person am Mittwoch. "Das ist eine neue Zelle."

Bei dem Anti-Terror-Einsatz sind nach einer ersten Bilanz fünf Polizisten leicht verletzt worden. Es handle sich um Mitglieder einer Spezialeinheit, teilte die Polizei am Mittwochvormittag auf Twitter mit.

Ein Mann, der in Saint-Denis festgenommen wurde, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er habe auf Bitte eines Freundes "zwei seiner Kumpel" aus Belgien in seiner Wohnung untergebracht. Der Mann sagte unter der Bedingung, dass sein Name nicht genannt wird, er habe ihnen seine Wohnung in der Nummer 8 der Rue du Corbillon überlassen. "Ich sagte, ich habe keine Matratzen, sie sagten: 'Das ist nicht schlimm'. Sie wollten nur Wasser und beten. Ich habe meinen Freund zurückgerufen. Er sagte, sie kämen aus Belgien", sagte der Mann.

Nicht gewusst, dass "Terrorist"

Er habe einen Gefallen tun wollen und nicht gewusst, dass es "Terroristen" waren, sagte der Mann äußerst erregt. Er wurde anschließend von der Polizei in Handschellen abgeführt. Eine Freundin des Festgenommenen sagte der AFP, der Mann habe die Tür zu der Wohnung aufgebrochen. Es handle sich also um eine "Art besetzte Wohnung". Ihren Angaben zufolge kamen die Besucher aus Belgien "vor zwei Tagen". Dies würde bedeuten, dass sie seit Montag in der Wohnung sind - drei Tage nach den blutigen Anschlägen von Freitagabend in Paris.

Anti-Terror-Einsatz: Zwei Tote, sieben Festnahmen
French soldiers stand guard in the northern Paris suburb of Saint-Denis city center, on November 18, 2015, as French Police special forces raid an appartment, hunting those behind the attacks that claimed 129 lives in the French capital five days ago. At least one person was killed in an apartment targeted in the operation aimed at the suspected mastermind of the attacks, Belgian Abdelhamid Abaaoud, and police had been wounded in the shootout. AFP PHOTO / KENZO TRIBOUILLARD

Bei den Anschlägen auf die Konzerthalle Bataclan, auf eine Reihe von Bars und Restaurants sowie auf die Fußballarena Stade de France in Saint-Denis wurden mindestens 129 Menschen getötet und 352 weitere verletzt. Sieben Selbstmordattentäter starben. Zu dem Anschlag bekannte sich die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS). Ermittler gehen davon aus, dass der Belgier Abaaoud die Anschläge vom Freitag angeordnet hat.

Sarkozy: Versäumnisse

Der französische Oppositionsführer Nicolas Sarkozy hat Präsident Hollande unterdessen schwere Versäumnisse in der Sicherheitspolitik vorgeworfen. Nach den islamistischen Anschlägen im Jänner auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt sei "zu viel Zeit" verloren worden, kritisierte der Ex-Staatschef in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der Zeitung Le Monde. Die sozialistische Regierung hätte zudem nach dem Beginn ihrer Luftangriffe auf den IS in Syrien Ende September die Anti-Terror-Maßnahmen verstärken müssen.

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