Dauerblockade bis 2025? In Brüssel wächst die Angst vor Ungarns EU-Vorsitz

Dauerblockade bis 2025? In Brüssel wächst die Angst vor Ungarns EU-Vorsitz
Ungarn blockiert weiter eisenhart alle EU-Gelder zur Unterstützung der Ukraine - und ab Juli übernimmt Budapest den EU-Vorsitz. Was dann?

Der Spielverderber, diese Rolle genießt Peter Szijjarto merklich. Er habe wohl einigen Aufruhr bei seinen Kollegen ausgelöst, meinte Ungarns Außenminister zu Wochenbeginn, nachdem er beim Treffen in Brüssel alle vor den Kopf gestoßen hatte - wieder einmal. Auf den ersten Blick wirkt der Konflikt, den die EU-Außenminister gerade wieder einmal auszutragen hatten, längst wie politische Routine im europäischen Politikbetrieb. 26 EU-Staaten sind dafür, Ungarn dagegen und legt das jeweilige Anliegen per Veto lahm.  

Milliarden für Ukraine stecken fest

Doch wer sich die Beschlüsse, um die es konkret geht, etwas genauer ansieht, erkennt, wie bedrohlich die Barrikade ist, die Budapest errichtet hat. Denn jedes "Nein", das die Orban-Regierung den anderen EU-Staaten vor diese Nase setzt, bedeutet, dass dringend benötigte Gelder für die Verteidigung der Ukraine feststecken. 

Da geht es nicht um eine Zahlung, sondern um alle, die eigentlich längst in Richtung Kiew unterwegs sein sollten. Insgesamt sieben Beschlüsse würden von Ungarn derzeit blockiert, rechnete EU-"Außenminister" Josep Borrell der internationalen Presse vor, "Verzögerungen, die wohl in Todesopfer umgerechnet werden können."

Im Ganzen geht es um rund sieben Milliarden Euro, die für Waffen, Munition, oder Ausrüstung von Soldaten ausgegeben werden sollten, aber von Ungarn blockiert werden. Im Detail sind das etwa die Gelder, die einzelne EU-Staaten für ihre Waffen, die an die Ukraine gehen, zurückerhalten, ebenso aber um Geld zum Ankauf von Artilleriegranaten in Ländern außerhalb der EU, oder um einen rund fünf Milliarden schweren Verteidigungsfond, mit dem die Ukraine selbst neue Waffen ankaufen kann.

Weitere "Nein" werden erwartet

Doch die Orban-Regierung hat noch weitere "Nein" im Talon und scheint jederzeit bereit, diese auszuspielen. Die Möglichkeiten dafür sind reichlich, schließlich ist für alle Entscheidungen, die Fragen der Außenpolitik, der Verteidigung oder des Budgets betreffen, Einstimmigkeit der 27 EU-Staaten notwendig. 

So könnten auch jene Milliarden betroffen sein, die man aus den Zinsgewinnen eingefrorener russischer Vermögen lukriert.  Nach monatelangem politischen Tauziehen hat man sich grundsätzlich darauf geeinigt, dieses Geld der Ukraine zukommen zu lassen. Doch auch hier könnte, wenn es an die konkrete Auszahlung, oder Finanzierung von Waffenkäufen geht, Ungarn mit seinem "Nein" im Weg stehen. Das gleiche gilt für die nächsten Sanktionen gegen Russland, auch von denen will man in Budapest nichts wissen - und zeigt sich dabei dickköpfig wie selten.

Auch die Beitrittsgespräche bedroht

Nicht nur wenn es ums Geld geht, legt sich Ungarn quer, auch bei den eigentlich beschlossenen Beitrittsgesprächen mit der Ukraine ist man im EU-Rat ständig mit Einwänden zur Stelle. Eigentlich sollte noch Ende Juni beim nächsten Gipfel der EU-Regierungschefs offiziell das erste Kapitel dieser Beitrittsverhandlungen eröffnet werden. Belgien jedenfalls, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, drängt zur Eile. Schließlich übernehmen ab Anfang Juli ausgerechnet die Ungarn diesen Vorsitz - und die, mutmaßen Diplomaten schon jetzt in Brüssel, würden sich mit diesen Verhandlungen wohl besonders viel Zeit lassen. Bis Anfang 2025, und damit dem Ende der ungarischen Präsidentschaft, droht der EU in Sachen Ukraine der Stillstand.  

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