Hat die EU Ungarn "bestochen"? Orban sorgt für Krach in Brüssel

Hat die EU Ungarn "bestochen"? Orban sorgt für Krach in Brüssel
Waren Milliarden an Budapest widerrechtlich? EU-Parlament fordert Ausschluss-Verfahren gegen Ungarn und klagt EU-Kommission.

Der Störenfried und Querkopf unter den EU-Regierungschefs: Das ist bekanntlich Viktor Orbans Lieblingsrolle – und in Brüssel bietet man dem Ungarn dafür ausführlich Gelegenheit. Jetzt sorgt die Uneinigkeit um Orban sogar für einen offenen Konflikt zwischen EU-Parlament und EU-Kommission, inklusive Klage vor dem EU-Gerichtshof.

Veto vor Weihnachten

Erst kurz vor Weihnachten hatte Orban mit seinem Veto gegen neue Milliardenhilfen für die Ukraine die gesamte EU-Budgetplanung blockiert. Ein eigens einberufener EU-Sondergipfel am 1. Februar soll jetzt die Milliarden für Kiew doch noch freimachen. Ob mittels eines Tricks, der Ungarn außen vorlässt, oder durch einen Kompromiss in letzter Minute, das wird in diesen Tagen zwischen den EU-Staaten heftig verhandelt.

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Orban lässt sich bitten

Orban selbst lässt sich weiterhin bitten. Ein mögliches Einlenken und ein Ende des ungarischen Vetos wird – wenn überhaupt – nur in Trippelschritten angedacht.

Nichts als Erpressung

Nichts als politische Erpressung, ärgern sich viele Abgeordnete im EU-Parlament. Orban wolle so nur die von der EU gesperrten Fördermilliarden für Ungarn freipressen. Die werden zurückgehalten, weil das Land – etwa bei der Justiz, oder bei der Vergabe staatlicher Aufträge – gegen EU-Regeln für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verstößt.

"Schwerer Fehler"

10 Milliarden, rund ein Drittel der eingefrorenen Gelder, wurden ausgerechnet jetzt von der EU-Kommission freigegeben. Die offizielle Erklärung, dass Ungarn zumindest teilweise die richtigen Reformen eingeleitet hat, wollen die Parlamentarier nicht glauben. Man habe nur den „Erpressungsversuchen“ des Ungarn nachgegeben, meint etwa die österreichische Grüne Monika Vana: „Ein schwerer Fehler der EU-Kommission“. Der deutsche EU-Parlamentarier, Daniel Freund, der seit Jahren mit allen rechtlichen Mitteln gegen Orbans Umbau des ungarischen Rechtsstaates kämpft, spricht offen von der „größten Bestechung in der Geschichte der EU“.

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Von der Leyen blockt ab

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erschien am Mittwoch vor dem EU-Parlament in Straßburg, um die Freigabe der Milliarden zu verteidigen. Ungarn habe die Forderungen aus Brüssel zumindest teilweise erfüllt.

"Winterschlussverkauf"

Doch eine Mehrheit der EU-Abgeordneten will das nicht akzeptieren, man spricht von einem „Winterschlussverkauf der Rechtsstaatlichkeit in der EU“. In einer Resolution, die heute Donnerstag. verabschiedet wird, kündigt man eine Klage gegen die EU-Kommission wegen der Gelder an. Außerdem fordert man, dass das Verfahren zum zumindest teilweisen Ausschluss Ungarns aus der EU endlich zum Abschluss gebracht wird.

Ausschluss Ungarns

Dieses sogenannte Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn ist zwar vor fast zehn Jahren eingeleitet worden, kommt aber seit langen nicht voran. Auf jeden Fall aber, so betonen die EU-Abgeordneten, müsse man jede weitere Zahlung an Ungarn mit allen Mitteln verhindern. Nachsicht und Kompromissbereitschaft gegenüber Orban mache das Problem nur noch schlimmer, meint Daniel Freund, der Von der Leyen ganz persönlich vor dem Parlament drohte: „Wir sehen uns demnächst vor Gericht.“

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