Die Milliarden fließen
EU-Fördergelder für Ungarn, um die geht es in Brüssel seit Wochen. Rund 30 Milliarden, die Ungarn eigentlich bei der EU abrufen könnte, sind im Gesamten seit über einem Jahr eingefroren. Sanktionen der EU-Kommission, weil Ungarn im Umgang mit seiner Justiz, aber auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht nach den Regeln der EU spielt.
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Dass jetzt ein Teil dieser Gelder freigegeben wurde, hat in der offiziellen Sprachregelung der EU-Kommission eine Begründung: Ungarn hat im Bereich der Justiz jene Reformen auf den Weg gebracht, die man im Sinne von Demokratie und Rechtsstaat gefordert habe.
Kuhhandel?
Abseits der offiziellen Verlautbarungen aber zweifelt kaum ein EU-Politiker daran, dass es sich um eine Art Kuhhandel handelt. Orbáns enger Vertrauter und politischer Direktor Balázs Orbán spricht das laut ungarischen Medien sogar offen aus. Budapest wäre bereit sein Veto gegen die Unterstützung der Ukraine zurücknehmen. Als Gegenleistung solle Brüssel aber die Ungarn zustehenden 30 Milliarden Euro eingefrorenen EU-Gelder freigeben.
Ungarn fordert „Lösegeld“, kommentierte das Nachrichtenportal Politico die Aussagen des politischen Strategen. Doch so simpel hat Orbán sein Spiel rund um diesen Gipfel nicht angelegt. Andere Vertreter seiner Regierung lässt er nämlich ihren jeweiligen Kollegen ausrichten, dass man „nicht käuflich“ sei. Das Veto gegen die Ukraine würde durch das Freimachen der Gelder nicht einfach aus der Welt geschafft.
Strafverfahren
Unter Europas Regierungschefs wächst der Ärger über die Blockade Ungarns, die den gesamten EU-Gipfel zum Scheitern bringen könnte. Immer häufiger werden auch von hochrangigen EU-Vertretern Mittel ins Spiel gebracht, Orbán und sein Veto zu umschiffen.
EU-Budgetkommissar Johannes Hahn etwa erklärte auch gegenüber dem KURIER, man könne auch ohne Ungarn über die Milliarden für die Ukraine entscheiden, das sei lediglich etwas mühsamer.
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Vertreter einzelner Mitgliedsstaaten wie Deutschland bringen sogar ein neuerliches EU-Strafverfahren gegen Ungarn ins Spiel. Nach Artikel 7 des EU-Vertrags kann einem Mitgliedsland bei schweren Verstößen gegen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit das Stimmrecht entzogen werden: Quasi der erste Schritt für einen Ausschluss aus der EU.
Schon einmal ist ein derartiges Verfahren gegen Ungarn auf den Weg gebracht worden. Das allerdings blieb auf halbem Weg stecken, weil einzelne Mitgliedsländer zuletzt nicht dazu bereit waren, diese Keule auszupacken.
Österreich-Ungarn?
Auch Österreich gibt sich in dieser Frage skeptisch. Europaministerin Karoline Edtstadler etwa meint, dass man mit dem Entzug von Fördermitteln ein viel praktischeres Instrument zur Verfügung habe, als mit dem doch schwergewichtigen Artikel-7-Verfahren, das ohnehin zuletzt nicht vollzogen würde. Ein neues „Österreich-Ungarn“ würde da entstehen, lästerte Politico angesichts dieser Rückendeckung.
Eine gewichtige Stimme Österreichs in Brüssel sieht das erwartungsgemäß ganz anders. Für Othmar Karas, Vizepräsident des EU-Parlaments, gehört die Einstimmigkeit bei großen EU-Entscheidungen und damit auch das Vetorecht endgültig entsorgt: „Es ist das Krebsgeschwür der Europäischen Demokratie.“
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