Einfrieren, suspendieren? Poker um Orbans Verbleib in der EVP

Orban liegt seit Jahren mit der EU im Clinch
Fidesz droht im Gegenzug: Bei Suspendierung will man aus EVP austreten.

Heute um 15 Uhr entscheidet die Europäische Volkspartei (EVP), ob sie die ungarische Fidesz-Partei weiter dabeihaben will. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban wird selbst an der Sitzung in Brüssel teilnehmen. Nicht bei dem Termin sind hingegen Kanzler Sebastian Kurz und ÖVP-EU-Delegationsleiter Othmar Karas.

Aus Österreich wären insgesamt sechs Delegierte im EVP-Vorstand vertreten. Kurz lässt sich den Angaben eines Sprechers zufolge von ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer vertreten. Der Kanzler habe am Mittwoch Termine in Wien: den Ministerrat am Vormittag sowie den EU-Hauptausschuss des Nationalrates vor dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag am Nachmittag. Kurz nimmt ab Donnerstag dann aber am Gipfel der Staats- und Regierungschefs teil.

Sechs Monate Pause

Kurz sagte am Mittwoch nach dem Ministerrat, er sei zunächst einmal nicht für einen Ausschluss der Orban-Partei, sondern für eine sechsmonatiges Einfrieren der Mitgliedschaft. EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber hatte dies vorgeschlagen. Die ÖVP-Mitglieder im EVP-Spitzengremium würden diesem Schritt zustimmen, wenn Weber ihn dort einbringt.

Die drei Bedingungen von CSU-Politiker Weber an Orban - erstens ein Ende einer agitatorischen Plakat-Kampagne in Ungarn, zweitens eine Entschuldigung an die anderen EVP-Parteien und drittens die Rechtssicherheit für die Central European University in Budapest - sind nach Kurz' Informationen von Orban akzeptiert.

Gleichzeitig betone Kurz, dass die Fidesz bei einem Einfrieren der Mitgliedschaft dennoch Mitglied in der EVP-Fraktion des Europaparlaments bleiben würde.

Wahlkampf

ÖVP-Delegationsleiter Karas kommt wie Kurz nicht zur EVP-Sitzung. Er bleibt als Wahlkämpfer in Wien und absolviert Termine bei Radio und Fernsehen. Für ihn gibt es keinen Ersatz. Das dritte fixe Mitglied im EVP-Vorstand aus Österreich, EU-Kommissar Johannes Hahn, nimmt an der Sitzung teil.

EU-WAHL: PK NACH ÖVP-BUNDESPARTEIVORSTAND IN WIEN: KARAS / KURZ

Juncker für Rauswurf, CDU für Einfrieren

EU-Kommissionschef Juncker, ein Hauptziel der Schmäh-Plakate Orbans, forderte am heutigen Mittwoch den Rauswurf der Fidesz. Die deutsche CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer schlug hingegen wie Weber ein Einfrieren der EVP-Mitgliedschaft der nationalkonservativen Fidesz vor. Auch sie sieht eine Vertrauenskrise mit den ungarischen Parteifreunden.

Fidesz will bei Suspendierung austreten

Bei einer Suspendierung ihrer Mitgliedschaft in der Europäischen Volkspartei (EVP) werde man aber umgehend aus der Parteienfamilie austreten, kündigte der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas an.

Orban, dessen Partei Ungarn seit 2010 mit überwältigender Mehrheit regiert, liegt unter anderem aufgrund des Umgangs seiner Regierung mit Justiz, Medien und NGOs sowie mit Flüchtlingen seit langem über Kreuz mit Teilen der EVP. Zuletzt sorgte eine Plakatkampagne gegen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker - selbst EVP-Mitglied - für Aufregung. Orban selbst wirft der Volkspartei wiederum vor, allzu liberal geworden zu sein und das christdemokratische Erbe verraten zu haben.

 

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