Offensive auf Cherson beginnt, prorussische Verwaltung flieht
„Die Offensive der ukrainischen Streitkräfte in Cherson beginnt“, schrieb die russische Nachrichtenagentur Interfax Mittwochvormittag. Wie groß der erneute ukrainische Angriff im flachen Steppengelände tatsächlich ist, ist nicht bekannt. Laut ersten Berichten sollen zwei ukrainische Bataillone in Richtung Nowaja Kamenka - Berislaw vorrücken – diese Ortschaften sind allerdings noch mehr als 70 Kilometer von Cherson entfernt. Laut russischen Militärbloggern werden die Bataillone von starker Artillerie und Drohnen unterstützt.
Die zweite Front liegt 14 Kilometer westlich von Cherson entfernt – auch hier könnte ein starker ukrainischer Vorstoßversuch erfolgen.
In den vergangenen Wochen konnten die ukrainischen Streitkräfte im Raum Cherson massive Geländegewinne erzielen, die russischen Verbände mussten sich auf Verteidigungslinien in vereinzelten Dörfern zurückziehen.
Gerade in flachem Gelände kann sich ein Angriff, wie ihn derzeit die ukrainischen Streitkräfte führen, rasch beschleunigen: Sie nutzen kleine Einheiten mit schnellen Fahrzeugen, um so rasch wie möglich tiefe Vorstöße zu erzielen – seit der Gegenoffensive in Charkiw ein bewährtes Mittel gegen die russischen Verbände. Das wissen allerdings auch die russischen Truppen, die die vergangenen Tage viel Zeit damit verbrachten, ihre Abwehrstellungen auszubauen. Dass der Kreml den erneuten Angriff ernstnimmt, zeigt die Ankündigung der prorussischen Verwaltung, sich aus der Stadt vollständig zurückzuziehen und bis zu 60.000 Zivilisten zu evakuieren.
Die Oblast-Hauptstadt liegt am westlichen Ufer des Dnepr, ist also ein Brückenkopf für die russischen Streitkräfte, die Cherson am 2. März einnahmen. Für Moskau wäre ein Verlust der Stadt aber nicht nur eine taktische Niederlage: Erst vor wenigen Wochen verkündete Putin die Annexion des Oblasts Cherson - sollte er die Oblast-Hauptstadt verlieren, wäre dies eine symbolträchtige Niederlage.
Dies sucht der Kreml zu verhindern: Die Evakuierungen würden nicht bedeuten, dass man die Stadt kampflos aufgeben werde. Man wolle lediglich die Bevölkerung vor den erwarteten Kampfhandlungen schützen. Man habe genügend Ressourcen, die ukrainischen Angriffe zurückzuschlagen und „bis zum Tod“ kämpfen.
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