Österreichs Kampf um EU-Gelder

Österreichs Kampf um EU-Gelder
Die Regierung wehrte sich bei EU-Ratspräsident Van Rompuy gegen Schlechterstellung Österreichs

Werner Faymann und Herman Van Rompuy haben einander viel zu sagen gehabt: Eine gute Stunde dauerte das Vieraugengespräch zwischen dem Bundeskanzler und dem EU-Ratsvorsitzenden Freitagabend in Wien.

Für Kritik und Ablehnung sorgte vor dem Treffen der neue EU-Budgetvorschlag Van Rompuys ( siehe Grafik ), der Kürzungen im Landwirtschaftsbereich, in der Regionalpolitik sowie das Streichen des österreichischen Rabattes vorsieht.

Faymann gab dem Ratspräsidenten sehr klar zu verstehen, was die Regierungslinie für die Budgetverhandlungen nächste Woche beim EU-Sondergipfel in Brüssel ist. „Eine einseitige Schlechterstellung Österreichs, vor allem in der Rabattfrage, wäre für uns nicht annehmbar“, sagte der Bundeskanzler.

Österreich hat seit 1999 jährlich einen Rabatt bekommen, 2011 betrug dieser rund 180 Millionen Euro. Die Bundesregierung stößt sich vor allem daran, dass der Rabatt nur für Österreich gestrichen werden soll, nicht aber für die anderen Rabattbezieher wie Großbritannien, Deutschland, die Niederlande und Schweden.

Neben der jährlichen Vergünstigung, dem Rabatt, geht es Österreich auch um den Erhalt der Förderungen für die ländliche Entwicklung ( siehe Artikel rechts ). Faymanns Argument ist stichhaltig: „In Österreich liegen etwas mehr als 50 Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche im Berggebiet, in der EU sind es nur rund 16 Prozent.“ Der überwiegende Teil der EU-Mittel für den ländlichen Raum kommt in Österreich den Berg- und Biobauern und der Umwelt zugute.

Vorreiter in Europa

Der Bundeskanzler informierte Van Rompuy auch darüber, dass Österreich Vorreiter in der ökologischen Landwirtschaft ist ( etwas mehr als 20 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe sind Bio-Bauern )und damit eine Vorbildwirkung für ein zukunftsfähiges Modell für ganz Europa hat: „Eine drohende Schwächung dieses Bereiches ist für Österreich und Europa kontraproduktiv.“

Van Rompuy, belgischer Christdemokrat, begründete seine Einsparpläne von 75 Milliarden Euro mit dem Zwang zu Haushaltsdisziplin. Für 2014 bis 2020 empfiehlt er ein EU-Budget von rund 950 Milliarden Euro, die EU-Kommission will 1033 Milliarden.

Dass der Budget-Gipfel nächste Woche scheitern könnte – wie in Brüssel zu hören ist –, darauf gingen der Kanzler und der EU-Ratspräsident gar nicht näher ein. Sie besprachen auch die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion samt eigenem Budget für die Euro-Länder. Van Rompuy forciert diese Pläne, sie sollen beim Gipfel im Dezember behandelt werden.

Preis für Van Rompuy

Nach dem Treffen mit Faymann wurde Van Rompuy in Wien mit dem Coudenhove-Kalergi-Preis für seine „äußerst delikate Führungs- und Koordinationsfunktion in der EU“ ausgezeichnet. Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi gründete 1923 in Wien die Paneuropabewegung. Ihr Ziel: Die Vereinigung der Staaten Europas. Die Festrede hielt Vizekanzler Michael Spindelegger. Am Rande der Feier deponierte auch Spindelegger bei Van Rompuy Österreichs Widerstand gegen eine Benachteiligung in den EU-Budgetverhandlungen.
 

Österreichs Kampf um EU-Gelder
„Völlig inakzeptabel“ ist für Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich der Vorschlag von Van Rompuy für das mehrjährige EU-Budget. 30 Prozent Verlust an Förderungen für den ländlichen Raum, hat das Ministerium ausgerechnet, wären „der Stoß ins Herz der Regionalpolitik“, erklärt Berlakovich dem KURIER.

„Das einzigartige Modell der biologischen Landwirtschaft, die Umweltpflege, die Dorferneuerung und der Schutz der Bergregionen kann Österreich bei den geplanten, massiven Budgetkürzungen nicht mehr aufrechterhalten“, droht der Minister. „Das wäre das Ende des ökologischen Weges“, skizziert Berlakovich eine düstere Zukunft.

Projekte, die aus dem EU-Topf „Ländliche Entwicklung“ gefördert werden, werden von der Bundesregierung mit 50 Prozent kofinanziert. Bekommt Österreich weniger Geld aus Brüssel, muss es national mehr aufbringen, um die ländliche Entwicklung voranzutreiben. „Das ist eine teure Variante“, sagt der Minister.

Neben der ländlichen Entwicklung zahlt die EU noch Prämien an Bauern für Produkte ( zum Beispiel Getreide ) oder für die Anzahl der Tiere ( Rinder, Schweine, Schafe ). Diese Art von Subventionen heißen in der EU „Direktzahlungen“. Dafür gibt es keine nationale Kofinanzierung.
Die EU erlaubt nun, dass 15 Prozent der Summe der Direktzahlungen in die Ländliche Entwicklung fließen dürfen. Dazu Berlakovich: „Das lehnen wir ab, wir wollen eine saubere Trennung.“

Planungssicherheit

Der Minister appelliert an den Bundeskanzler, alles zu unternehmen, um noch in diesem Jahr zu einer Einigung über das siebenjährige EU-Budget zu kommen. „Nicht um jeden Preis, aber wir brauchen Planungssicherheit. Die Bauern wollen wissen, was die künftigen Bedingungen sind.“ Außerdem, fordert Berlakovich, „muss die EU zeigen, dass sie handlungsfähig ist“.

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