Österreich als "Anwalt" für Bosniens EU-Ambitionen
Der Krieg begegnet einem in Sarajevo an fast jeder Straßenecke. Einschusslöcher in Häusern, rote Stolpersteine als Mahnmal dort, wo Granaten einschlugen. Nahe des Außenministeriums, einst Sitz des k.u.k.-Statthalters, erinnert ein Garten voller rosaroter Rosen an jene Kinder, die zwischen 1992 und 1995 getötet wurden. "Als der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist, war ich wie gelähmt. Das hat Erinnerungen hochgeholt und Angst geschürt", erzählt eine Frau aus Prijedor, ihre Augen werden glasig.
Ethnonationale Kräfte, allen voran Serbenführer Milorad Dodik, zündeln, befeuern Spannungen zwischen den drei konstituierenden Völkern, werden teils offen von Moskau unterstützt. Der Krieg ist zwar vorbei, doch der Schrecken sitzt tief.
Und die Bilder aus der Ukraine erinnern daran. Eines aber hat die Ukraine Bosnien voraus: den EU-Kandidatenstatus. Der wurde ihr im Juni verliehen – ein Solidaritätsakt und geopolitischer Schachzug der EU.
"Versprechen einlösen"
Beim Gipfel im Dezember in Brüssel soll auch Bosnien ihn erhalten; eine Kommissionsempfehlung gibt es schon. Dann ist es zwar noch ein langer Weg bis zum Beitritt, aber Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nennt das "ein richtiges Signal". Sie ist gerade für zwei Tage in Bosnien, betont die Unterstützung Österreichs: "Wir müssen jetzt unsere Versprechen einlösen."
Die EU ist ohne unsere Partner am Westbalkan nicht vollständig.“ Bosnien-Herzegowina wird seit den 2000ern vor allem finanziell von der EU unterstützt, hat 2016 einen Beitrittsantrag gestellt, und ist seither auf der Warteliste.
Eigene Interessen
Die Gründe? Zu wenig Engagement der EU, kritisieren die einen; zu wenig Reformen, zu viel Korruption und Nepotismus, sagen die anderen. Österreich gilt als einer der lautesten "Anwälte" Bosniens – nicht ganz uneigennützig: Österreich ist größter ausländischer Investor; Unternehmen profitieren von Arbeitskräften und verdienen am Aufbau, etwa im Straßenbau oder im Eisenbahnnetz.
Auch in der Migrationsfrage ist man voneinander abhängig. Edtstadlers Besuch fand just zu jener Zeit statt, als der UN-Sicherheitsrat die EU-Mission EUFOR Althea um ein Jahr verlängerte. Die fast 2.000 Soldaten starke Mission ist seit 2004 hier stationiert, soll die Einhaltung des Friedensabkommens sicherstellen. Im Falle ethnonationaler Ausschreitungen unterstützt sie nationale Sicherheitskräfte. Vize-Außenminister Josip Brkić, den Edtstadler traf, befürwortet die Verlängerung.
Bevor es am Freitag nach Banja Luka ging, die Hauptstadt der serbisch dominierten Republika Srpska, stand ein Treffen mit dem dreiköpfigen Staatspräsidium an. Empfangen wurde Edtstadler aber nur vom bosniakischen Vertreter, Šefik Džaferović. Serbenführer Milorad Dodik und der kroatische Vertreter Željko Komšić, ließen das Treffen kurzfristig sausen.
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