Norweger wählen neues Parlament: Enges Rennen erwartet

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In den vergangenen vier Jahren hat Ministerpräsidentin Erna Solberg in Norwegen eine Minderheitsregierung aus der konservativen Höyre und der rechtspopulistischen Fortschrittspartei (FRP) angeführt.

Rund 3,8 Millionen Norweger sind am heutigen Montag aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Umfragen sagen ein knappes Rennen zwischen Konservativen und Sozialdemokraten voraus. Beide großen Parteien werden allerdings Koalitionspartner brauchen. Entscheidend für den Ausgang der Wahl wird wohl, welche Kleinen den Sprung ins Parlament schaffen.

In den vergangenen vier Jahren hat Ministerpräsidentin Erna Solberg in Norwegen eine Minderheitsregierung aus der konservativen Höyre und der rechtspopulistischen Fortschrittspartei (FRP) angeführt. Geduldet wurde sie von der christlichen KRF und der liberalen Venstre. Zwischen den kleinen Parteien und der FRP gibt es allerdings Spannungen. Zudem ist unklar, ob es die Liberalen überhaupt über die Vier-Prozent-Hürde schaffen.

Minderheitsregierungen in Norwegen üblich

Herausgefordert wird Solbergs Regierung von der sozialdemokratischen Arbeiterpartei (AP) mit ihrem Spitzenkandidaten Jonas Gahr Störe. Im Wahlkampf fiel die Zustimmung für die Sozialdemokraten zwar. Störe baut aber auf die Unterstützung von Zentrumspartei und Sozialistischer Linkspartei, mit denen die Arbeiterpartei von 2005 bis 2013 zusammen regiert hatte. Auch dieses Bündnis würde wahrscheinlich als Minderheitsregierung die Unterstützung kleiner Parteien brauchen. Minderheitsregierungen sind in Norwegen üblich.

Ausschlaggebend könnten am Ende die Grünen sein, die wollen, dass Norwegen langsam aus der lukrativen Öl- und Gasindustrie aussteigt. Mit dieser Forderung haben sie sich unter den großen Parteien allerdings wenig Freunde gemacht. Parteichef Rasmus Hansson sagte, seine Partei werde wohl das Bündnis unterstützen, das "weniger schädlich für das Klima" sei.

Bis 21.00 Uhr können die Norweger ihre Stimmen abgeben. In rund 170 Kommunen konnte bereits am Sonntag gewählt werden. Ausgezählt werden alle Stimmen allerdings zusammen. Mehr als eine Million Norweger hat zudem schon in einem der ausgewählten Wahllokale abgestimmt, die bereits seit August geöffnet sind. Gleichzeitig wussten Umfragen zufolge 640 000 Wähler eine Woche vor der Wahl noch nicht, für wen sie stimmen sollten.

Sowohl mit der "eisernen Lady" Margaret Thatcher als auch mit "Mutti" Angela Merkel wurde Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg schon verglichen. In den vier Jahren ihrer Amtszeit hat sich die Politikerin der konservativen Partei Höyre zur Landesmutter für die Norweger entwickelt.

2013 hatte Solberg erstmals die rechtspopulistische Fortschrittspartei (Frp) in eine Koalition geholt und führt seitdem eine bürgerliche Minderheitsregierung unterstützt von der christlichen KRF und der liberalen Venstre. "Zeitweise gab es wenig Schlaf und viel Arbeit", beschreibt sie die Regierungszeit. Die größte Herausforderung sei es, neue Jobs auch außerhalb der kriselnden Ölbranche zu schaffen, um den Wohlfahrtsstaat zu sichern.

Die 56-Jährige aus dem westnorwegischen Bergen hat eine ruhige, aber bestimmte Art. Wegen ihrer knallharten Asylpolitik als Kommunal- und Regionalministerin 2001-2005 bekam sie den Spitznamen "Jern-Erna", eiserne Erna.

Solberg macht keinen Hehl aus ihren Figurproblemen und einer Leidenschaft für Computerspiele. 2016 wurde sie "erwischt", als sie während einer Parlamentssitzung das Handy-Spiel "Pokemon Go" spielte.

Die Mutter von zwei Kindern ist aktiv auf Twitter, es gibt auch einen Blog über ihr Leben als Ministerpräsidentin. Dort sind kurze Videos veröffentlicht, die sie mal in der Küche, mal im Flieger, mal beim Wahlkampf zeigen. Und man kann den "Erna-Pullover" bestellen, einen grauen Pulli mit ihrem gezeichneten Konterfei. Darauf macht Solberg das Victory-Zeichen.

Jonas Gahr Störe (57) tritt bei den norwegischen Sozialdemokraten in große Fußstapfen. Die Führung der Arbeiterpartei übernahm er 2014 vom beliebten ehemaligen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg, der NATO-Chef wurde. Zuvor war Störe schon Außen- und Gesundheitsminister sowie Generalsekretär des norwegischen Roten Kreuzes gewesen.

Der 57-Jährige beschreibt sich selbst als Menschen mit starkem Willen. Doch habe er auch gelernt, dass Politik Teamarbeit sei.

Norwegen sei unter Ministerpräsidentin Erna Solberg gesellschaftlich kälter geworden, klagt Störe. Im Wahlkampf versprach er Investitionen in Schulen und seinen Einsatz gegen unwürdige Arbeitsbedingungen beispielsweise am Bau. Er will auch Unternehmen belohnen, die klimaschonend arbeiten.

Störe wuchs als Sohn eines Reeders im reichen Osloer Westen auf. Die Familie hatte in den 1920er Jahren eine große Kaminofen-Firma übernommen und die Anteile in den 1970ern wieder verkauft. Seine Herkunft und das Studium der Politikwissenschaft in Paris werden dem Politiker häufig vorgehalten. Er passe damit nicht zum Klientel der Arbeiterpartei, sagen Kritiker. Allerdings war Störe als Außenminister in Umfragen das beliebteste Kabinettsmitglied.

Er ist mit einer Soziologin verheiratet und hat drei Söhne.

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