Noch mehr Handy-Abhöranlagen entdeckt

Rund um Parlamente (im Bild Oslo), Regierungssitze, Banken und Botschaften wird spioniert.
In Schweden, Norwegen und Finnland werden in großem Stil Mobiltelefone überwacht – von wem, ist unbekannt.

In Skandinavien zeichnen sich Abhöraktionen bislang ungeahnten Ausmaßes ab. Wer dahintersteckt, bleibt dabei aber unklar: Nach Angaben der Geheimpolizei Supo findet auch in Finnland die Überwachung von Handys und Smartphones durch nicht näher spezifizierte "andere Staaten" statt. Ein Supo-Sprecher sagte gegenüber dem Finnischen Rundfunk YLE, dafür würden auch falsche Basisstationen ("IMSI-Catcher") verwendet, wie sie zuletzt in Stockholm und Oslo in den Regierungsvierteln geortet wurden. Supo-Sprecher Jyri Rantala sagte in dem am Freitag online veröffentlichten Interview, eine derartige Abhörtätigkeit finde in Finnland "täglich" und mittels "verschiedener Systeme" statt. Er sagte aber nicht, wo sich die sogenannten "IMSI-Catcher" in Finnland befinden. Mithilfe dieser Anlagen kann man die Datenströme von Handys und Smartphones umleiten und Mikrofone und Kameras sogar in abgeschaltetem Zustand aktivieren und so Informationen sammeln.

Details wollte der Sprecher aus scheinbar taktischen Gründen keine nennen. Rantala zu YLE: "Unglücklicherweise kann ich nicht detailliertere Informationen ausgeben. Wenn wir mehr Informationen darüber preisgeben, was wir über jene Personen wissen, die dahinter stecken könnten oder deren Techniken, würden wir enthüllen, was wir wissen und unsere Methoden der Gegenseite preisgeben. Das würde ihnen (Anm: Jene Personen, die dahinterstecken) helfen ihre Ziele zu erreichen. Das ist das letzte, was wir wollen.“

Rantala gab auch einen grundsätzlichen Tipp: „Die Sicherheitspolizei hat schon lange empfohlen, dass Handys nicht für Diskussionen über geheime oder sensible Informationen benutzt werden sollten. Das ist die beste Art, Risiken zu vermeiden. Es ist wichtig sich bewusst zu sein, dass jemand anderer jene Informationen sammeln könnte, die man mit dem Handy diskutiert – ohne, dass es die Betroffenen bemerken.“

Zuvor waren im norwegischem Oslo Abhörstationen im Regierungsviertel entdeckt worden. Wenige Tage nach dem Bekanntwerden der Anlagen in Oslo, wurden auch in Schwedens Hauptstadt Stockholm Hinweise auf eine systematische Mobiltelefonüberwachung in der Zone rund um das Regierungshauptgebäude Rosenbad gefunden. Laut der Homepage der Tageszeitung Dagens Nyheter gibt es im Regierungsviertel auffallend viele falsche Basisstationen.

Tarnen und Täuschen

Reporter des schwedischen Dagens Nyheter und des norwegischen Aftenposten hatten sich in den vergangenen Monaten wiederholt mit einem der derzeit besten abhörsicheren Handys, dem 2000 Euro teuren CryptoPhone 500, auf die Suche nach IMSI-Catchern gemacht. Diese bis zu zwei Millionen Dollar kostenden Anlagen mit einer Reichweite von 1000 Metern sind so klein, dass sie in einen einfachen Koffer passen, können jederzeit ein- und ausgeschaltet und schnell abtransportiert werden.

Sie geben sich gegenüber Mobiltelefonen als Basisstationen aus (über solche wählen sich Handys normalerweise ins Netz ein) – woraufhin sich die Telefone mit ihnen verbinden und Informationen abgegriffen werden können. Die CryptoPhones der Journalisten schlugen Dutzende Male Alarm – allein in Stockholm am Dienstag und Mittwoch dieser Woche ganze 42-mal.

Für die Sicherheitsexperten, mit denen der Aftenposten bei seinen Touren durch Oslo zusammengearbeitet hat, ist klar, dass nur Organisationen mit erheblichen Ressourcen hinter der technisch ausgefeilten und teuren Operation stecken können, also Staaten. Der Verkauf von IMSI-Catchern an Private ist innerhalb der NATO verboten.

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