Kim als der gefährlichste Sprengmeister der Welt

Kim Jong-un mit seinem "Spielzeug“, der Atombombe
Kim Jong-un ließ offenbar eine Wasserstoffbombe mit Mega-Sprengkraft zünden. US-Präsident Donald Trump zu etwaigen Militärreaktionen: "Wir werden sehen".

Sie ist Nordkoreas propagandistische Geheimwaffe: Immer wenn es etwas "Großes" zu verkünden gibt, muss die prominente TV-Moderatorin Pi Chun-hee ran. So auch an diesem denkwürdigen Sonntag, als die mehr als 70-Jährige den "vollkommenen Erfolg" des Tests einer Wasserstoffbombe (H-Bombe) vermeldete.

Nach den Erdbebenwellen der gigantischen unterirdischen Zündung – das benachbarte China registrierte Erschütterungen der Stärke 6,3 – rasten rasch auch politische Schockwellen um den Globus. US-Präsident Donald Trump hämmerte in seinen Twitter-Account, dass das Land unter Diktator Kim Jong-un ein "Schurkenstaat" sei, "dessen Worte und Taten weiterhin sehr feindselig und gefährlich für die USA sind".

US-Sicherheitsteam zusammengetrommelt

Die Beschwichtigung funktioniere nicht, Kim ver-stehe nur "eine Sache". Von "Feuer und Wut", mit dem er neuerlichen Provokationen begegnen wollte, wie Trump noch in der Vorwoche schrieb, war aber nicht die Rede. Der US-Präsident, der eilig sein Sicherheitsteam zusammentrommelte, zu etwaigen militärischen Reaktionen: "Wir werden sehen."

Von Brüssel über Moskau bis Peking ist die Besorgnis sehr groß, speziell aber in Südkorea und Japan. Allerorts wurde der Atomtest Pjöngjangs scharf kritisiert.

Was war konkret passiert? Um exakt 12.29 Uhr Ortszeit ließ das Regime laut eigenen Angaben im Nordosten des Landes, wo auch schon früher Nuklearversuche unternommen worden waren, die Wasserstoffbombe detonieren. Wenig später bebte die Erde erneut. Offenbar war der Hohlraum, den die Explosion geschaffen hatte, in sich zusammengestürzt.

Sechster Nukleartest

Denn die Sprengkraft (ein Vielfaches eines herkömmlichen Nuklearkopfes; siehe auch unten) soll enorm gewesen sein. Laut Experten lag sie im Bereich von wenigstens 120 Kilotonnen TNT-Äquivalent. Zum Vergleich: Das ist das Sechs- bis Zwölffache der bisherigen nordkoreanischen Tests und knapp das Zehnfache der Hiroshima-Bombe von 1945. Vor Kims sechstem Nuklearstreich hatte der Tyrann angekündigt, nun auch Wasserstoffbomben auf Interkontinental-Raketen montieren zu können. Diese, wesentlich kleiner als herkömmliche Atombomben, könnten auch das US-Festland erreichen.

Während Fachleute im Vorjahr die damals verlautete Meldung aus Pjöngjang noch anzweifelten, eine Wasserstoffbombe gezündet zu haben, blieben diesmal die Skeptiker in Deckung. Vielmehr wurde davon gesprochen, dass der jüngste Test zeige, dass Nordkorea mit seinem Atomprogramm schneller voranschreite als angenommen. Dennoch meinen russische Wissenschaftler, dass das Regime noch mindestens fünf Jahre Zeit benötige, um eine einsatzfähige Nuklearwaffe herzustellen. "Sprengköpfe und Raketen zu vereinen, ist keine einfache Aufgabe", sagte etwa Iwan Moissejew, Direktor des Instituts für Weltraumpolitik, in Moskau.

Exakt getimter Paukenschlag

Der jüngste Paukenschlag Kims erfolgte jedenfalls wohl getimt – exakt zum Beginn des Treffens der Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, Südafrika und Gastgeber China, der nun vor einem großen Dilemma steht. Einerseits hat man im Reich der Mitte kein Interesse daran, dass Nordkorea endgültig in den Kreis der Atommächte aufsteigt, weil dies dann wohl auch Südkorea und Japan zum selben Schritt animieren würde. Andererseits ist Peking gegen jede militärische Option bei seinem Nachbarn und auch gegen zu viel Druck, der das Land kollabieren ließe. Ersteres hieße das womöglich, dass US-Truppen dann direkt an Chinas Grenze stünden. Zweiteres dass Millionen Nordkoreaner ins Land strömen würden.

Also laviert die chinesische Diplomatie und setzt auf Verhandlungen. Sanktionen des UN-Sicherheitsrates, bisher ohne erkennbare Auswirkungen, werden zwar mitgetragen, harte Maßnahmen scheut Peking aber, was Trump mehrfach kritisierte.

Hoffen auf China

Tatsächlich hätte China starke Druckmittel. Ein Großteil der Lebensmittel und Energie Nordkoreas stammt vom letzten Verbündeten. Als schärfste Waffe freilich stellen sich die Öl- und Treibstoff-Lieferungen dar. Stellt Peking diese ein, hätte das katastrophale Auswirkungen auf Pjöngjang.

Genau in diese Richtung, der einer völligen Isolation, drängt das besorgte Seoul. Und es will mit Trump über einer Verlegung der "stärksten taktischen Waffen" der USA nach Südkorea verhandeln – damit könnten auch Atomwaffen gemeint sein.

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