Wenn Politiker-Ehen scheitern
Er hätte nicht höher aufsteigen können, aber auch nicht tiefer fallen. Zuerst war das Amt des Bundespräsidenten weg, jetzt hat sich auch noch die Frau verabschiedet, für die er all das falsch gemacht hat, was man ihm vorwirft. Christian Wulff ist einer von vielen Politikern, deren Ehen auf der Strecke blieben. Allerdings ist er als Verlassener ein Sonderfall, sonst waren es fast immer die Frauen, die allein gelassen wurden.
Sechs Ehefrauen
Europas Monarchen waren, blickt man etwas weiter zurück, meist streng katholisch und konnten sich nicht scheiden lassen, weil es die Kirche nicht zuließ. Das spielte weiters keine Rolle, da sich viele zur Repräsentation ihre Ehefrauen und fürs Bett Mätressen hielten. Englands König Heinrich VIII. akzeptierte das nicht und sagte sich von Rom los, um 1534 die anglikanische Kirche zu gründen, die – wie’s der Zufall wollte – Scheidungen zulässt. So konnte er Ehe Nr 1. mit Katharina von Aragon problemlos lösen.
Gemahlin Nr. 2, Anne Boleyn, blieb dieser humane Weg versagt, sie wurde wegen angeblicher Untreue enthauptet. Die Dritte, Jane Seymour, starb bei der Geburt ihres Sohnes, die Nr. 4, Anna Cleve, wurde verstoßen. Catherine Howard, die Nr. 5, erlitt das Schicksal der Nr. 2 und landete, auch wegen angeblicher Untreue, auf dem Schafott. Ein Wunder, dass sich nach all dem ehelichen Gemetzel in Katharina Parr eine Sechste fand. Und noch größer ist das Wunder, dass sie ihren Mann überlebte.
Charles & Diana
Die Gründung der anglikanischen Kirche durch Heinrich VIII. hat für das britische Königshaus bis heute anhaltende Folgen: Sollte Prinz Charles König werden, wäre er Englands zweiter Regent, der als geschiedener Mann den Thron besteigt. Der erste war George I. – im Jahre 1714.
Liebesg’schichten spielen in der französischen Politik auch heute noch eine bedeutende Rolle, ist doch kaum ein Präsident ohne „Zweitfrau“ ausgekommen. François Mitterrand führte ein richtiges Doppelleben, ebenso legendär sind die Verhältnisse von Präsident Jacques Chirac. Zur Scheidung von seiner (zweiten) Ehefrau Cécilia kam es aber nur bei Präsident Nicolas Sarkozy, ehe er im Jänner 2008 seine dritte Ehe, mit der Sängerin Carla Bruni, einging. Sein Nachfolger François Hollande, hat sich solche Probleme erst gar nicht aufgehalst: Er war nie verheiratet und brauchte daher zu seiner Geliebten Ségolène Royal, mit der er vier Kinder hat, nur „Adieu“ sagen, um mit der Journalistin Valérie Trierweiler in den Élysée-Palast ziehen zu können. Auch wieder ohne Trauschein.
Klestils Eheprobleme
Ganz anders erging es Österreichs Bundespräsidenten Thomas Klestil, der 1992 mit einer heilen Familienwelt in den Wahlkampf zog, obwohl er damals bereits eine Beziehung mit seiner Mitarbeiterin Margot Löffler hatte. Doch das wurde erst zwei Jahre später bekannt, als Ehefrau Edith aus der Präsidentenvilla zog. Der Scheidung folgte Klestils Heirat mit Margot Löffler, aber die öffentlich ausgetragene Ehekrise kostete den Präsidenten bei seiner bürgerlichen Wählerschaft viele Sympathien.
Er blieb auch ein Ausnahmefall in der Zweiten Republik, andere Politiker – darunter Bruno Kreisky – konnten ihre Affären geheim halten. Auffallend ist, dass Innenminister Ernst Strasser (der inzwischen ganz andere Sorgen hat), Wirtschaftsminister Johannes Ditz und der oberösterreichische Landeshauptmann Erwin Wenzl (alle ÖVP) fast zeitgleich mit dem Scheitern ihrer Ehen ihre Ämter zurücklegten.
Im vorwiegend protestantischen Deutschland werden geschiedene Politiker weit sanfter behandelt. Willy Brandt war bereits einmal geschieden, als er 1969 Bundeskanzler wurde, seine zweite Scheidung – von Gattin Rut – erfolgte nach 32-jähriger Ehe, als er zwar nicht mehr Regierungschef, aber immer noch SPD-Vorsitzender war. Drei Jahre später heiratete er die um 33 Jahre jüngere Journalistin Brigitte Seebacher.
Drei Scheidungen
Gleich drei Mal geschieden (und vier Mal verheiratet) ist Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der trotz medial begleitetem Scheidungskrieg mit seiner dritten Ehefrau Hiltrud bei den Bundestagswahlen 1998 seinen Vorgänger Helmut Kohl aus dem Kanzleramt drängte. Und als Joachim Gauck im Vorjahr den glücklosen Christian Wulff als Bundespräsident ablöste, wusste auch jeder, dass das neue Staatsoberhaupt von seiner Frau Gerhild, mit der er seit 53 Jahren verheiratet ist, getrennt lebt und mit seiner Geliebten Daniela Schadt den Amtssitz des Bundespräsidenten, Schloss Bellevue in Berlin, beziehen würde.
Die wohl peinlichste Polit-Scheidung lieferte Italiens langjähriger Ministerpräsident Silvio Berlusconi, dessen zweite Ehefrau Veronica Lario sich im Mai 2009, nachdem seine Sex-Parties mit blutjungen „Hostessen“ bekannt geworden waren, von ihm trennte.
Für gewaltige Ehe-Skandale sorgten immer wieder Politiker in den USA. Wie Bill Clinton haben praktisch alle Kennedys ihre Frauen nach Strich und Faden betrogen, aber nur beim jüngsten Bruder Edward kam es 1982 zur Scheidung von Ehefrau Joan, die wohl als Folge seiner jahrzehntelangen Untreue zur Alkoholikerin wurde. Seine fatalste Eskapade lieferte Edward 1969, als er bei einer Ausfahrt die Kontrolle über seinen Wagen verlor, der dann über eine Brücke in einen Kanal stürzte. Der Senator konnte sich retten, doch seine 29-jährige Sekretärin und Geliebte Mary Jo Kopechne ertrank.
Zum Kennedy-Clan gehörte auch der steirisch-kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger, dessen Frau Maria Shriver 2011 die Scheidung einreichte, nachdem sie erfahren hatte, dass er mit ihrer Haushälterin einen Sohn hat.
Fast die Hälfte aller Ehen werden heutzutage geschieden. Politiker gehen auch hier „mit gutem Beispiel voran“...
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