Timothy Snyder mit Kritik an Österreich: „Ist Neutralität moralisch – oder bequem?“

Timothy Snyder mit Kritik an Österreich: „Ist Neutralität moralisch – oder bequem?“
Timothy Snyder, international bekannter Experte für Osteuropa sieht eine Niederlage als einzige Lösung für Russland und kritisiert Österreichs Haltung. Sie beruhe auf einem bequemen Irrtum

Er hat das Bild Osteuropas im 20. Jahrhundert durch seine Arbeit neu gezeichnet. Der US-Historiker Timothy Snyder gilt als einer der international führenden Experten für den Raum, der durch den Krieg in der Ukraine in diesen Tagen zum Brennpunkt der Geopolitik geworden ist. Snyder, der auch am Wiener IWM-Institut als Forscher tätig ist, engagiert sich auch politisch für die Ukraine. Der KURIER sprach mit ihm über den Krieg und dessen mögliche Folgen.

KURIER: Die NATO hat soeben den Beitritt der Ukraine wieder auf die lange Bank geschoben. Wie sehen Sie diese Haltung?

Timothy Snyder: Die Ukraine hat mehr für die Sicherheit der NATO-Länder getan als jedes NATO-Mitglied. Es war die Ukraine, die die russische Offensive zum Stillstand gebracht hat, nicht die NATO. Es ist die Ukraine, die so viele Tote verzeichnet, eine kaputte Infrastruktur, vergewaltigte Frauen. Es ist also die Ukraine, die das alles für die NATO getan hat. Das hätte die NATO anerkennen sollen. Die Lage wäre viel einfacher, wenn die Ukraine ein NATO-Mitglied wäre. Dann würde einfach der Artikel 5 aktiviert (Angriff auf die NATO, Anm.) und andere Mitglieder würden der Ukraine zu Hilfe eilen. Die Lage wäre dann sehr klar, rechtlich geregelt und jeder wüsste, was er zu tun hätte. Es war also ein Fehler die Ukraine nicht aufzunehmen.

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