Neues "Sicherheitsgesetz" in Hongkong: Massive Verhaftungswelle
In Hongkong hat die Polizei erstmals einen Menschen auf Grundlage des neuen "Sicherheitsgesetzes" festgenommen. Der Mann sei wegen des Besitzes einer Unabhängigkeitsflagge in Gewahrsam genommen worden, erklärte die Hongkonger Polizei am Mittwoch auf Twitter. Insgesamt wurden bis Mittwoch Mittag mehr als 300 Menschen verhaftet.
Der Festgenommene mit der Flagge wurde laut Polizei im beliebten Einkaufsviertel Causeway Bay aufgegriffen. Bilder, die von der Polizei auf Twitter gepostet wurden, zeigten die Flagge auf dem Gehsteig vor einem Mann, der ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift "Free Hong Kong" trug.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes führt die Polizei eine neue Warnflagge mit sich: "Das ist eine Warnung der Polizei: Sie zeigen Flaggen oder Banner/rufen Parolen/oder Sie verhalten sich subversiv oder sezessionistisch, was gegen das Nationale Sichehreitsgesetz verstößt. Sie können verhaftet und strafrechtlich verfolgt werden".
Lebenslange Haft als Höchststrafe
Das neue "Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong" ist noch schärfer als erwartet. Es gibt Chinas Organen weitreichende Vollmachten in der Sonderverwaltungsregion. Als Höchststrafe für Verstöße gegen das Gesetz ist lebenslange Haft vorgesehen, wie am Mittwoch aus dem vorliegenden Text hervorgeht.
Die ehemalige britische Kronkolonie wurde 1997 an China zurückgegeben. Entgegen der damals garantierten Freiheitsrechte und Autonomie des Territoriums können chinesische Stellen in Hongkong künftig eigenmächtig Ermittlungen ausführen und Rechtshoheit ausüben.
Regierungschefin erwartet "Frieden"
Zeitgleich mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes beging die Metropole am Mittwoch den 23. Jahrestag des Souveränitätswechsels von London auf Peking am 1. Juli 1997. Auf einem weiträumig abgesperrten Areal am Hafen wurden die Flaggen der Volksrepublik und Hongkongs gehisst.
Die pekingtreue Regierungschefin Carrie Lam äußerte die Hoffnung, dass mit dem neuen Sicherheitsgesetz wieder "Frieden" einkehren werde.
Die Polizei hatte Proteste verboten. Zur Begründung war auf die Corona-Pandemie und die "anhaltende soziale Unruhe" in der asiatischen Hafenstadt verwiesen worden.
Weiter Protestaufrufe
Trotz des Verbots riefen Protestgruppen dazu auf, auf die Straße zu gehen. Wie viele der sieben Millionen Hongkonger der Aufforderung folgen werden, blieb angesichts der hohen Strafen durch das vage formulierte Gesetz zunächst unklar.
Ungeachtet weltweiter Kritik hatte der Ständige Ausschuss des nicht frei gewählten chinesischen Parlaments in Peking das - bis zu seinem Inkrafttreten in der Nacht zum Mittwoch - geheim gehaltene Dekret einstimmig verabschiedet.
Einheimische und internationale Kritiker werfen der chinesischen Führung vor, mit dem Gesetz den Grundsatz "Ein Land - Zwei Systeme" aufheben und demokratische Bürgerrechte in Hongkong unterdrücken zu wollen. Das Gesetz ist der bisher stärkste Einschnitt in den halbautonomen Status Hongkongs.
Zahnlose Appelle
Während es die EU bei zahnlosen Appellen belässt, stoppen die USA als Reaktion den Export von Rüstungsgütern nach Hongkong – all das heizt den Handelskrieg mit China zusätzlich an.
Die Ausfuhr von Technologien, die dem Militär dienlich sein könnten, wird künftig den gleichen Beschränkungen unterliegen wie Exporte nach China. „Wir können nicht mehr unterscheiden zwischen dem Export kontrollierter Waren nach Hongkong oder auf das chinesische Festland“, sagte US-Außenminister Mike Pompeo.
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