Neues Gesetz in Israel schützt Netanyahu vor Amtsenthebung

Demonstrators hang flags on the walls of Jerusalem's Old City in an act of protest as Israelis launch "Day of Shutdown" against judicial overhaul
Die Opposition kritisiert: Das Gesetz sei "unanständig und korrupt". Für Donnerstag sind erneut Proteste gegen die Justizreform geplant.

In Israel wird es künftig deutlich schwerer, einen Premier für amtsunfähig zu erklären. Das Parlament in Jerusalem verabschiedete am Donnerstag nach nächtlicher Debatte eine entsprechende Gesetzesänderung. In letzter Lesung stimmten 61 der 120 Abgeordneten dafür. 47 Abgeordnete waren dagegen, die anderen fehlten oder enthielten sich. Damit wäre, wenn das Gesetz nicht noch von der Justiz gestoppt wird, für die Amtsenthebung künftig eine Drei-Viertel-Mehrheit erforderlich.

Dies ist die erste Gesetzesänderung im Rahmen einer höchst umstrittenen Justizreform der neuen rechtsreligiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, die vom Parlament abschließend gebilligt wurde. Die Opposition verurteilte das neue Gesetz als "unanständig und korrupt". Der Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman kündigte an, vor dem Höchsten Gericht dagegen vorzugehen.

Demonstrators hang flags on the walls of Jerusalem's Old City in an act of protest as Israelis launch "Day of Shutdown” against judicial overhaul

Demonstranten haben die israelische Nationalflagge und Kopien der israelischen Unabhängigkeitserklärung an den Mauern der Jerusalemer Altstadt drapiert.

Die Änderung ist besonders umstritten, weil sie als persönlich auf Regierungschef Netanyahu und dessen Bedürfnisse zugeschnitten gilt. Gegen den 73-Jährigen läuft seit längerer Zeit ein Korruptionsprozess. Künftig wäre die Amtsenthebung eines Ministerpräsidenten nur wegen psychischer oder anderer Gesundheitsgründe möglich. Damit soll eine Einflussnahme des Höchsten Gerichts oder der Generalstaatsanwaltschaft verhindert werden.

In Israel gibt es seit rund drei Monaten heftige Proteste gegen die geplante Schwächung der Justiz. Bemühungen um einen Kompromiss waren aber bisher erfolglos. Es mehren sich Warnungen, das Land steuere auf eine Staatskrise hin. Auch für Donnerstag waren wieder Proteste geplant.

Israeli cabinet meeting in Jerusalem

Israels Premier Benjamin Netanyahu.

Umstrittene Rückkehr ins Westjordanland

Bereits am Dienstag gab es auch international Aufruhe über eine Entscheidung Netanyahus: Das israelische Parlament hatte ein seit Jahren bestehendes Gesetz zum Siedlungsverbot gekippt. Mit der Gesetzesänderung erlaubte die Knesset israelischen Siedlerinnen und Siedlern die Rückkehr in vier Siedlungen im Norden des Westjordanlandes, die im Jahr 2005 von den Behörden geräumt worden waren.

Die USA bezeichneten das Votum der Knesset als "provokativ" und als Verstoß gegen Zusagen an Washington. Seine Regierung sei "äußerst beunruhigt" über die Verabschiedung des Gesetzes, sagte Außenamtssprecher Vedant Patel am Dienstag.

Netanyahu versicherte, dass vor 18 Jahren im Westjordanland geräumte Siedlungen nicht wiederaufgebaut werden sollen. Mit dem Parlamentsvotum werde aber "ein diskriminierendes und demütigendes Gesetz abgeschafft, das Juden verbot, in Gebieten in Nordsamaria als Teil unserer historischen Heimat zu leben", teilte Netanyahus Büro zugleich unter Verwendung des biblischen Namens für das nördliche Westjordanland weiter mit.

Im Jahr 2005 hatte die damalige israelische Regierung unter Ministerpräsident Ariel Scharon vier Siedlungen im Norden des von Israel besetzten Westjordanlandes geräumt, darunter die Siedlung Chomesch - seitdem ein Symbol der ultrarechten Siedlerbewegung.

Eine kleine Gruppe von Siedlern kehrte jedoch 2009 dorthin zurück und errichtete an dem Ort eine Jeschiwa, ein Religionsseminar. Dieses wurde von den israelischen Streitkräften dutzende Male geräumt, bis die Armee den Verbleib des Seminars schließlich erlaubte.

Im seit 1967 besetzten Westjordanland leben 2,8 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser sowie 475.000 Israelis in Siedlungen, die von der UNO als völkerrechtswidrig eingestuft werden. Neben offiziellen Siedlungen gibt es auch sogenannte wilde Siedlungen, die ohne Genehmigung der israelischen Regierung errichtet wurden. Die Regierung hatte angekündigt, den Siedlungsbau und die Legalisierung illegaler Siedlungen voranzutreiben.

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