Neue Fraktion? Orban könnte einen Plan B haben
Das Europäische Parlament bringt also ein Strafverfahren gegen Ungarn wegen Rechtsstaatsverstößen auf den Weg. Was hat das Votum des Parlaments nun zu bedeuten? Es ist zum einen Ausdruck eines stärker werdenden Parlamentarismus, weil die Abgeordneten die Initiative für das Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn ergriffen haben.
Zum anderen ist es ein Erfolg von EVP-Fraktionschef Manfred Weber, der den Gutteil der EVP-Parlamentarier (insgesamt 219 Mandatare) überzeugt hat, für ein Verfahren zu stimmen.
Der kritische Bericht über Ungarn und das Abstimmungsergebnis ist nun auch eine Ermutigung für die europäischen Volksvertreter, sich künftig auch andere Länder, die gegen EU-Recht und gegen EU-Werte verstoßen, näher anzuschauen. Rumänien, die Slowakei, Malta und auch Bulgarien stehen bereits auf der Liste. Schon nächste Woche wird eine Parlamentsdelegation in die Slowakei und nach Malta reisen, um die Lage vor Ort zu sondieren.
Dass sich der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán Dienstagnachmittag sich bei seinem Auftritt im EU-Parlament absolut unnachgiebig zeigte, führen viele Abgeordnete und EU-Insider nicht nur auf innenpolitisch motiviertes Verhalten zurück, sondern auf einen möglichen Plan B, den der ungarische Premier verfolgt. Das heißt, er könnte einen Pakt mit nationalistischen und populistischen Politikern schmieden und nach der EU-Wahl 2019 eine eigene Fraktion im EU-Parlament bilden.
Vorerst wird die Orbán-Partei Fidesz, die Mitglied der EVP-Familie ist, weder suspendiert noch ausgeschlossen. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas plädiert dafür, während des Verfahrens die EVP-Mitgliedschaft von Fidesz auf Eis zu legen. Die EVP-Statuten sehen das nicht vor, sie sollen aber geändert werden. Über die Suspendierung von Fidesz gibt es in der Fraktion noch keinen Kompromiss. Ein Ausschluss aus der EVP ist dann möglich, wenn Ungarn am Ende des Verfahrens „verurteilt“ wird, das heißt seine Stimmrechte in der EU verliert.
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