„Mit Joe Biden geht eine ganze Generation“, meint die israelische Tageszeitung "Maariv". Biden erinnere sich noch lebhaft an den Holocaust. Was für die nachrückende Generation nicht mehr uneingeschränkt gelte. „Langfristig wird dies spürbar werden.“
Nur so lasse sich auch die breite Unterstützung Bidens für Israel nach dem blutigen Angriff der Hamas auf Israels Süden am 7. Oktober 2023 erklären, meint die Zeitung. Dennoch beharrte der US-Staatschef auf zwei Punkten: Ziel müsse ein baldiges Abkommen zur Befreiung aller Geiseln sein und eine anschließende Einstellung der Kämpfe im Gazastreifen.
Bis zu den Wahlen im November wird sich daran nichts ändern. Was ihm Joe Biden beim Empfang im Weißen Haus noch einmal persönlich sagen dürfte. Das sind freilich Forderungen, die Netanyahu ablehnt.
Sein wichtigster Termin wird aber am Mittwoch seine Rede vor dem US-Kongress sein. Wird er wie 2015 wieder einseitig für Donald Trump Partei ergreifen? Zum zweiten Mal einen wichtigen Grundsatz der israelischen US-Diplomatie verletzen: Sich nicht auf eine Seite stellen.
Netanyahus Sympathien für Trump sind kein Geheimnis. 2015 begründete er die einseitige Parteinahme mit seiner Ablehnung des Nuklearabkommens mit dem Iran. Was sich im Nachhinein als Fehler erwies.
Der Iran nutzte die spätere Beschränkung des Abkommens durch Trump aus und beschleunigte die Entwicklung einer Atombombe.
Iran gestärkt
1.200 Tote Israelis (nach dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober) und die Evakuierung der Bevölkerung im Norden Israels (nach Attacken der Hisbollah im Südlibanon) zeigen deutlich: Netanyahus Politik hat den Iran und seine Verbündeten in Gaza und im Libanon stärker als je zuvor gemacht.
Derzeit ist nicht einmal endgültig klar, welche Kandidaten im November überhaupt gegeneinander antreten. Trotz aller Sympathien Netanyahus für Trump, sollte er diesen nicht vorschnell als „pro-israelischer“ im Vergleich zu Kamala Harris einstufen.
Nach der Massakrierung von 1.200 Menschen am 7. Oktober zeigte Biden seine Solidarität mit Israel sofort durch einen persönlichen Besuch. Donald Trump bekräftigte hingegen seine „ganz persönliche Enttäuschung“ über Netanyahu. Hatte der doch Biden zum Sieg gegen Trump gratuliert. Trump: „Ich werde das nicht vergessen.“
Israels Regierungschef steht somit vor einem Dilemma: Aussöhnung mit Donald Trump oder Neustart mit Kamala Harris? Bis zu einer Klärung der Kandidatenfrage und eigentlich auch danach hieße das: In beide Richtungen nicht anecken, alle Optionen offenhalten.
Doch die Ultra-Rechten in Netanyahus Regierung haben sich bereits entschieden. Sie haben offen ihre Sympathien für Trump erklärt. Mehr als das: Sie haben auch ihre Abneigung gegen Harris öffentlich geäußert. Harris’ Nähe zum progressiven Flügel der Demokraten ist ihnen verdächtig.
Verschwörungstheorie
Die Vizepräsidentin erntete bei ihrer Rede vor den teilweise pro-palästinensischen Progressiven tatsächlich einigen Jubel. Der aber erlosch, als sie dort auch ihre uneingeschränkte Solidarität mit Israel bekräftigte.
Unter einschlägig bekannten Antisemiten gilt Harris sogar als „aktiver Teil der jüdischen Weltverschwörung“. Ist sie doch mit einem Juden verheiratet.
Kommentare