Netanjahus Gegner rüsten sich für Jubelstürme nach Machtwechsel

Israelin jubelt in Vorfreude auf den erwarteten Abgang von Premier Netanjahu
Israels Premier Netanjahu wurde aber bis zuletzt zugetraut, die geplante Acht-Parteien-Koalition zu Fall zu bringen.

Schon vor der am Sonntag erwarteten Abstimmung in der Knesset, dem israelischen Parlament, über die künftige Koalitionsregierung herrschte bei den Kritikern von Israels Langzeitpremier Benjamin ("Bibi") Netanjahu Feierstimmung.

Demonstranten tanzten und jubelten Samstagabend direkt vor dem Amtssitz des rechtkonservativen Premiers in Jerusalem - und hofften, dass es seine letzte Nacht als Regierungschef werden würde. Auf einem der Schilder stand etwa:„Bibi , das ist Dein letzter Samstag in Balfour, fang an zu packen.“

Vor dem Amtssitz an der Ecke der Straßen Balfour und Smolenskin war es immer wieder zur Protesten gegen den Ministerpräsidenten gekommen, gegen den ein Korruptionsprozess läuft.

Respekt eingefordert

Am Sonntag kam harsche Kritik des designierten Regierungschefs Naftali Bennett von der ultrarechten Yamina-Partei an der Kundgebung. „Dies ist nicht die richtige Zeit für Demonstrationen und Provokationen“, sagte er nach Angaben seines Sprechers. Bennett rief dazu auf, Netanjahu und dessen Familie mit Respekt zu behandeln.

Die geplante Regierung aus acht Parteien muss als letzte Hürde vor ihrer Vereidigung am Sonntag im Parlament ein Vertrauensvotum bestehen. Die Mehrheit in der Knesset ist mit 61 von 120 Abgeordneten hauchdünn. Das bunt gemischte Zweckbündnis, das nur das Ziel eint, Netanjahu abzulösen, besteht aus nicht weniger als acht Parteien.

Bis das neue Kabinett tatsächlich vereidigt werden kann, könnte es bis in die Nacht dauern, hieß es am Sonntag in Israel. Außerdem warnten politische Beobachter, dass in Israel immer alles möglich sei. Auch der Verbleib Netanjahus an der Regierungsspitze.

Er und seine Likud-Partei leisten seit Tagen massiven Widerstand, um die Abwahl doch noch zu verhindern. Keiner hat Israels Geschicke länger gelenkt als „Bibi“: Zwölf Jahre lang war Netanjahu ohne jede Pause Ministerpräsident. Davor führte der rechtskonservative Politiker schon einmal in der zweiten Hälfte der 1990er die Regierung.

Schwieriger Spagat

Sollte das Kunststück der 8-Parteien-Koalition - erstmals inklusive einer arabischen Partei - gelingen, dann wird neuer Regierungschef Naftali Bennett von der ultrarechten Jamina-Partei. Der 49-Jährige war früher unter Netanjahu Verteidigungsminister war. Der Koalitionsvereinbarung zufolge soll Bennett bis August 2023 im Amt bleiben. Dann käme Jair Lapid (57) von der viel stärkeren liberalen Zukunftspartei an die Reihe, der Vorsitzende der liberalen Zukunftspartei. Das ist der Deal.

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Einstige Verbündete: Naftali Bennett war Verteidigungsminister unter Premier Netanjahu

Lapid ließ für das Amt des Ministerpräsidenten Bennett den Vortritt, um die Koalition überhaupt zu ermöglichen. Dabei verfügt Bennetts Partei gerade einmal über sieben Mandate in der Knesset. Ein Umstand, der in Israel bereits für erhebliche Kritik sorgt.

Netanjahus Likud ist mit 30 Mandaten immer noch die stärkste Fraktion im Parlament. Aber, wie der Politiologe Rynhold zu bedenken gibt: „Seit er wegen Korruption angeklagt ist, sind immer mehr Leute zu der Überzeugung gelangt, dass er seine eigenen Interessen über die Interessen des Landes stellt. Und dass der Preis dafür immer höher wird. Um einer Haftstrafe zu entgehen und an der Macht zu bleiben, agiert er zunehmend auf eine Weise, die selbst von früheren Anhängern als schädlich angesehen wird.“

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