„Ein Palästinenserstaat? Nicht jetzt!“ - Netanjahus Berater im Interview

„Ein Palästinenserstaat? Nicht jetzt!“ - Netanjahus Berater im Interview
Der in Berlin aufgewachsene Politologe Arye Shalikar ist Berater von Premier Netanjahu - auch in der aktuellen Eskalation der Gewalt.

Er war Rapper, Graffiti-Sprayer, Mitglied in einer Türkengang: Kaum ein Israeli hat so viele persönliche Erfahrungen mit muslimischer Jugendkultur samt beinhartem Antisemitismus gemacht wie Arye Shalikar. Erfahrungen, die der in Berlin-Wedding aufgewachsene Sohn iranischer Juden heute als einflussreicher Berater der israelischen Regierung nützt. In Wien, wo Shalikar, Gast der jüdischen Hilfsorganisation Keren Hajessod war, sprach er mit dem KURIER über die akute Krise in Nahost – und langfristige Hoffnungen.

KURIER: Woher kommt diese derzeit so heftig aufflammende Wut in den Palästinensergebieten?

 

„Ein Palästinenserstaat? Nicht jetzt!“ - Netanjahus Berater im Interview

Ariye Shalikar: Dieser Aufstand, eine regelrechte Intifada, läuft seit Monaten. Wer heizt diesen Konflikt an? Gaza ist unter palästinensischer Kontrolle, Städte wie Ramallah, Bethlehem im Westjordanland genauso. Das einzige, was Juden da noch machen, ist gelegentlich Terroristen rausholen. Ansonsten ist das seit Jahrzehnten komplett palästinensisch. Warum aber wächst da eine ganze Generation mit Waffen auf, nimmt die eigenen palästinensischen Behörden gar nicht ernst. Auf TikTok und anderen sozialen Plattformen sind Islamisten und radikale Antisemiten unterwegs und hetzen diese Teenager auf.

„Ein Palästinenserstaat? Nicht jetzt!“ - Netanjahus Berater im Interview

Ist Israel für die Lage in den Palästinensergebieten nicht mitverantwortlich?

Da ist eine Kriegssituation – auf einem Gebiet, wo immer wieder von israelischer Seite eine Lösung gesucht wurde. Palästinenserführer wie Arafat haben immer gesagt, keine Kompromisse mit Juden. Die haben immer Nein gesagt. Seit 1947 bis heute. Wir wollen einfach nur dort leben. Ob das Gebiet jetzt 25.000, oder 24.000 Quadratkilometer hat, ist den meisten Juden wurscht. Wir sagen nur, lasst uns einfach hier leben. Weil wir unseren Ursprung hier haben. Auch bei den Palästinensern gibt es viele, die auch nur leben wollen, aber es gibt auch viele, die uns nicht leben lassen wollen. Juden ins Meer, das wollen sie.

Wann aber bekommen die Palästinenser ihren Staat? Einen Palästinenserstaat? Jetzt ist nicht der Zeitpunkt dafür. Vielleicht in fünf oder in zehn Jahren, wenn die Beziehungen zu den arabischen Staaten besser werden. Dann kann es sein, dass die Palästinenser auch sagen: „Wir wollen auch nur hier leben, Teil der Region sein und unser Brot und einen grünen Rasen haben.“ Prinzipiell bin ich für zwei Staaten. Ich will nur nicht, dass im Westjordanland das Gleiche passiert wie im Gaza-Streifen. Frauen werden gezwungen, Kopftuch zu tragen, Schwule, Lesben müssen fliehen, Oppositionelle bekommen Sprechverbot, Juden, Christen müssen weg. In der heutigen Realität würde man also nur ein gescheitertes Staatengebilde erzeugen. Wer braucht das?

Muss nicht Israel als der Stärkere als erster Schritte zum Frieden setzen?

Ich sehe Israel den Palästinensern gegenüber stehen und viele mächtige Akteure dahinter. Dann sehe ich eine fehlgeleitete Politik der EU, die Frieden schaffen will, aber die Palästinenser nicht zur Rechenschaft zieht. Da sind EU-Millionen geflossen, die im Terror gelandet sind, in Schulbüchern, in denen das Wort Israel nicht existiert. So lange die palästinensische Seite nicht bereit ist, Israel anzuerkennen, wird es schwierig.

Gibt es Hoffnung auf eine Lösung des Konfliktes?

Die Annäherung zwischen Israel und den Arabischen Staaten. Wenn du heute nach Dubai fliegst, dann hörst du Hebräisch auf der Straße. Das gab es vor zwei Jahren noch nicht. Wirtschaft, High Tech, Wassertechnik, Medizin: Überall gibt es eine win-win-Situation für beide Seiten. Hoffentlich folgt Saudi-Arabien bald. Je mehr arabische Staaten mit Israel Frieden schließen, umso mehr treibt es die anderen Staaten, die den Terror unterstützen, in die Enge, den Iran, aber auch Syrien, die Hisbollah im Libanon, Palästinenser-Terrorgruppen wie Hamas und Islamischer Dschihad. Die sind ja alle miteinander verstrickt.

Es könnte ja Auswirkungen auf die Palästinenser haben, wenn sie keinen arabischen Bruder mehr haben, der bedingungslos hinter ihnen steht, wenn das eigene Lager nicht mehr so stark ist wie früher. Das könnte die israelisch-palästinensischen Beziehungen verändern und vielleicht sogar einen Weg aus der Sackgasse bringen, in der wir uns befinden.

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