Warum der Kampf um den Tempelberg schon seit 2.000 Jahren tobt
So seltsam es klingen mag: Aber die Wurzeln des aktuellen Nahostkonflikts reichen bis in die Antike zurück. Genauer gesagt in das Jahr 70 nach Christus. Damals schlagen die Römer einen jüdischen Aufstand nieder. Die Aufständischen verschanzen sich bis zuletzt im großen Tempel von Jerusalem auf dem Tempelberg.
Am 30. August 70 brennen ihn die Römer nieder. Die Zerstörung beendet den jahrelangen Aufstand der Juden gegen die römischen Besatzer. Und er beendet das antike Judentum. Fortan gibt es keine Priester, Tieropfer und Wallfahrten mehr.
Per Gesetz verbietet Rom den Juden, sich Jerusalem zu nähern. Die Diaspora (altgriechisch für Zerstreuung) des Judentums beginnt. Allerdings: die Westmauer des Tempels bleibt stehen. Sie ist die heutige Klagemauer und für jüdische Gläubige bekanntlich ein zentraler spiritueller Ort.
Die Himmelfahrt von Mohamed
Apropos Spiritualität: das nächste wichtige Jahr diesbezüglich ist 632. Da stirbt der Prophet Mohamed. Eigentlich stirbt Mohamed in Medina. Doch in den Himmel fährt Mohamed in Jerusalem auf. Wobei einige Gelehrte der Meinung sind, dass Mohameds Himmelfahrt in Mekka von der Kaaba aus stattfand. Aber egal.
Der Mohammed-Biograph Ibn Ishaq schreibt, dass Mohammeds Himmelsreise mit Hilfe des geflügelten Pferdes Buraq möglich wurde, den der Erzengel Gabriel dem Propheten brachte. Auf seinem Rücken soll Mohammed nach Jerusalem geritten sein, wo er – was für ein Zufall - vom Tempelberg aus in den Himmel aufstieg. Exakt also an jener Stelle, wo sich bis zum Jahr 70 der jüdische Tempel befand.
Der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee
Deshalb beanspruchen die Muslime den Tempelberg für sich und deshalb ist Jerusalem nach Mekka und Medina die drittwichtigste Stadt für die Moslems. Auch die Gebetsrichtung der Muslime war früher nach Jerusalem ausgerichtet.
An der Stelle, an der die Himmelsreise begann, steht heute der Felsendom mit seiner goldenen Kuppel. Der wurde zwischen 687 und 691 von einem der Nachfolger Mohameds errichtet. Danach wurde die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg errichtet. Sie ist die drittwichtigste Moschee des Islams.
Von den Arabern wurde Jerusalem schon 637, also nur fünf Jahre nach Mohameds Tod erobert. Die Stadt war damals noch Teil des oströmischen Reiches, dass sich damals aber schon im Niedergang befand.
Ständig wechselnde Besitzer
Auch das arabische Imperium von Spanien bis Persien zerbröselt ab dem 9. Jahrhundert in Einzelreiche. Mehrfach wechselt Jerusalem unter diesen Teilreichen den Besitzer.
Übrigens: In seiner gesamten Geschichte wurde Jerusalem 50-mal belagert, 36-mal erobert und zehnmal zerstört. Aber das ist eine andere Geschichte.
Kommen wir zum Jahr 1099. Seit der Jahrtausendwende wechselten die Herrscher über Jerusalem häufiger und die Lage für die im Nahen Osten verbliebenen Juden und die Christen in Jerusalem wird immer gefährlicher.
Die Christen verbinden mit Jerusalem vor allem die Kreuzigung und Auferstehung Christi. Ein zentraler Punkt ist deswegen die Grabeskirche in Jerusalem, die als Ort von Jesus Grab gilt. Die wird 1009 unter der Herrschaft der Fatimiden, einer streng fundamentalistischen Dynastie aus Ägypten, zerstört.
Die Kreuzritter kommen
Im Jahr 1098 erobern die Fatimiden auch Jerusalem. Der Papst ruft die Europäer nun zum Kreuzzug auf. Es geht um den „Heiligen Krieg“ gegen den Islam, aber natürlich auch um Macht und Geld. Wer die Levante beherrscht, beherrscht wichtige Handelsrouten. Im Juli 1099 erobert ein westeuropäisches Ritterheer Jerusalem und metzelt je nach Quellenangabe zwischen 10.000 (christliche Angaben) und 70.000 Menschen (syrische Quellen) nieder.
Die Kreuzfahrer nutzen die Al-Aksa-Moschee als Königspalast, bevor sie selbst ein neues Hauptquartier errichteten. Nur der neue Orden der „armen Ritter Christi“ bleibt in der Moschee. Der Orden nennt sich später „Templerorden“.
Ein Nahost-Frieden im Mittelalter
1187 erobern die Moslems Jerusalem zurück. Sultan Saladin denkt dabei ökonomischer als die Christen. Er verzichtet auf ein Gemetzel. Wer sich freikaufen kann, darf die Stadt verlassen. Der Rest wird versklavt.
1229 bekommen die Christen Jerusalem zurück. Friedlich. Denn der deutsche Kaiser Friedrich II und Sultan Sultan al-Kamil schließen den ersten Nahost-Frieden ab. Nur die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom bleiben in arabischer Hand.
400 Jahre unter türkischer Herschaft
Der Frieden sollte freilich nur kurz dauern. 1244 verlieren die Christen Jerusalem endgültig. Und 1291 werden die letzten Kreuzzügler dann endgültig aus dem Nahen Osten vertrieben.
1517 erobern die türkischen Osmanen Jerusalem. Exakt 400 Jahre später wird die Stadt von den Briten im Ersten Weltkrieg eingenommen. Die Briten kontrollieren fortan Palästina bis 1948 der Staat Israel gegründet wird.
Der Nah-Ost-Konflikt der Neuzeit
Hundertausende Araber werden vertrieben oder flüchten. Es ist der Beginn des israelisch-palästinensischen Konfliktes. Es folgen sieben Nahost-Kriege und zahlreiche Aufstände der Palästinenser gegen Israel.
1967 erobern die Israelis im Sechs-Tage-Krieg Ost-Jerusalem und damit den Tempelberg zurück. Also 1897 Jahre nach der Zerstörung des Tempels durch die Römer
Versuche, dauerhaft Frieden zu stiften, scheitern. Im September 1993 schließen Israels Premier Jitzchak Rabin und Palästienserchef-Chef Jassir Araft ein Friedenabkommen ab. Rabin wird am 4. November 1995 von einem religiös-fanatischen Israeli erschossen.
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