NATO-Staaten erklären China erstmals zur "Bedrohung"

NATO-Staaten erklären China erstmals zur "Bedrohung"
Huawei und 5G wurden in diesem Zusammenhang als mögliche Problembereiche erkannt.

Die NATO-Staaten haben sich auf den Text für die Abschlusserklärung des Jubiläumsgipfels in London geeinigt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) wird darin zum ersten Mal in einer Gipfelerklärung des Verteidigungsbündnisses explizit die aufstrebende Militärmacht China als mögliche neue Bedrohung erwähnt.

"Wir erkennen, dass der wachsende Einfluss und die internationale Politik Chinas sowohl Chancen als auch Herausforderungen darstellen, die wir als Allianz zusammen angehen müssen", heißt es in dem Text, der der dpa vorliegt und der an diesem Mittwoch von den Staats- und Regierungschefs veröffentlicht werden soll.

5G als Problembereich

Als ein möglicher Problembereich wird der Mobilfunkstandard 5G genannt, bei dem das chinesische Unternehmen Huawei als Technologieführer gilt. "Wir erkennen die Notwendigkeit an, auf sichere und widerstandsfähige Systeme zu setzen", heißt es zu dem Thema in der Erklärung.

Die von den USA gewünschte Selbstverpflichtung von NATO-Staaten, beim 5G-Aufbau ganz auf Huawei-Produkte zu verzichten, gibt es aber nicht. Länder wie Großbritannien und Deutschland hatten zuletzt wiederholt deutlich gemacht, dass sie die Fundamentalkritik der USA an Huawei nicht teilen. Die Amerikaner sind der Auffassung, dass sich mit Huawei-Produkten keine sicheren Netze aufbauen lassen, weil das Unternehmen im Zweifelsfall Daten an staatliche Stellen in China freigeben muss.

"Hirntote" NATO

Auch die vom deutschen Außenminister Heiko Maas gestartete Initiative für mehr politische Koordinierung unter den NATO-Partnern schaffte es in die vom Nordatlantikrat verabschiedete Abschlusserklärung. Die Mitgliedstaaten konnten sich allerdings noch nicht auf die Einberufung einer Arbeitsgruppe verständigen. Stattdessen wird Generalsekretär Jens Stoltenberg aufgefordert, erst einmal einen Vorschlag für einen "vorwärtsgerichteten Reflexionsprozess" zu machen.

Mit dem Vorschlag zur Einsetzung einer Reformkommission hatte Maas vor rund zwei Wochen auf die vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron losgetretene Debatte über den Zustand des Militärbündnisses 70 Jahre nach seiner Gründung reagiert. Dieser kritisiert sicherheitspolitische Alleingänge von Partnern wie den USA und der Türkei und hat dem Bündnis plakativ einen "Hirntod" attestiert.

Russland "Gefahr für euroatlantische Sicherheit"

Auf Forderungen von Macron, eine grundlegende Strategiediskussion zu beginnen, wird in dem Text ebenso wenig eingegangen wie auf seinen Wunsch nach einem stärkeren Dialog mit Russland. Zu Russland heißt es wie in früheren NATO-Erklärungen, dessen aggressive Handlungen stellten eine "Gefahr für die euroatlantische Sicherheit" dar. Die NATO bleibe offen für den Dialog und für eine konstruktive Partnerschaft, wenn Russlands Handlungen dies ermöglichten.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte pünktlich zum Gipfel betont, dass er in der erfolgten Expansion der NATO nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Bedrohung für sein Land sieht. Für die Erweiterung des transatlantischen Militärbündnisses um osteuropäische Staaten habe es keine Gründe gegeben, sagte er bei einem Treffen mit russischen Militärs am Dienstag in Sotschi.

Russland sei aber offen für eine Zusammenarbeit mit der NATO. "Wir haben wiederholt unsere Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, mit der NATO zu kooperieren und reale Gefahren gemeinsam abzuwehren", sagte der Kreml-Chef der Agentur Interfax zufolge. Er verwies dabei auf den internationalen Terrorismus, lokale Konflikte und die Gefahr, dass sich Massenvernichtungswaffen unkontrolliert verbreiten könnten.

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