Die rote Linie hat sich verschoben: Ein verhaltenes Ja zu Kampfjets

Das ging dann doch schnell: Gerade mal zwei Tage hat es gedauert, bis auf die Forderung Kiews nach Kampfflugzeugen verhaltene Zusagen folgten – und die kommen nicht von irgendwem.
Am Freitag ließen nach den Niederlanden sowohl Frankreich als auch die USA wissen, dass man zumindest darüber nachdenkt, nach den Panzern auch Flugzeuge zu schicken, auch die Slowakei wäre dabei. Polen hat nicht nur Zustimmung signalisiert, sondern auch Deutschland in die Pflicht genommen: Wenn die NATO Kampfflugzeuge schickt, dann nur geeint, heiß es – also mit dem Ja des deutschen Kanzlers. Dass Olaf Scholz zustimmt, scheint derzeit zwar unwahrscheinlich. Allerdings hat sich die „rote Linie“ der NATO-Staaten seit Kriegsbeginn schon mehrfach verschoben.
Ein Grund für den neuerlichen Schwenk ist auch, dass das Reservoir an Kampfflugzeugen sowjetischer Bauart in der Ukraine langsam zur Neige geht und deshalb die „gesamten Streitkräfte der Ukraine auf NATO-Standard umgestellt werden müssen“, wie Militäranalyst Franz-Stefan Gady vom Institute for International Strategic Studies (IISS) in London sagt. Nachschub für die alten Sowjet-Flugzeuge gibt es nur in Russland.
Logistik-Frage
Geliefert werden könnten vorrangig F-16-Maschinen, die in den USA produziert werden. Einige europäische Länder wollen die Flugzeuge ausmustern, eine Freigabe aus den USA ist kein Problem – anders als bei deutschen Tornados. Auch der schwedische Gripen wäre eine Option, er würde deutlich kürzere Landebahnen als die F-16 benötigen – solche existieren in der Ukraine (noch) nicht und wären auch ein gutes Angriffsziel.
Die Angst, dass Kiew damit nicht nur in besetztes Gebiet, sondern auch auf russisches Territorium vordringen könnte, halten Experten für übertrieben. Der Einsatz der Jets sei wegen der höchst effektiven Raketen- und Luftabwehr der Russen „limitiert“, sagt Gady – man würde die Jets damit zum Abschuss freigeben. Problematischer sei eher die Logistik, die „deutlich komplexer sei als bei den Panzern“, sagt Gady. Eine F-16 zu fliegen erfordere monatelanges Training, auch die Wartung sei anspruchsvoller als die der Sowjet-Jets. Dazu kommt die Frage, wie die Flugzeuge in die Ukraine geliefert werden können. Gefechtsbereite Jets direkt aus einem NATO-Land einzufliegen könnte Moskau als Angriff werten, so die Angst. Mit diesem Argument hatten die USA eine Jet-Lieferung noch im Frühling ausgeschlossen – allerdings haben sich die Zeiten mittlerweile geändert.
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