UNO: Israel ordnet weitere Evakuierungen in Khan Younis an

Rauch über Khan Younis
Außerdem gibt es unterschiedliche Berichte über neue Gespräche über eine Feuerpause und einen Gefangenenaustausch.

Israel hat nach Angaben der Vereinten Nationen weitere großflächige Evakuierungen der Stadt Khan Younis im Süden des Gazastreifens angeordnet. Das UNO-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) erklärte, Israel habe am Mittwoch Karten veröffentlicht, in denen rund 20 Prozent des Stadtgebiets neu als zu räumendes Gebiet ausgezeichnet würden. Unterdessen gab es neue Gespräche über eine Feuerpause und einen Gefangenenaustausch, die aber ergebnislos verliefen.

In dem Gebiet lebten nach Angaben der UNO vor Beginn der Kämpfe zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas mehr als 110.000 Menschen. Außerdem befinden sich in dem Gebiet demnach 32 Notunterkünfte mit mehr als 140.00 Binnenflüchtlingen, die meisten von ihnen aus dem Norden des Gazastreifens.

Die israelischen Streitkräfte erklärten, am Mittwoch seien mit Bodentruppen, aus der Luft und vom Meer aus Angriffe gegen "Dutzende Terroristen und Terroristen-Infrastruktur" in Khan Younis ausgeführt worden. Die Armee hatte am Montag angekündigt, ihre Angriffe auf Ziele in der größten Stadt des südlichen Gazastreifens zu verstärken.

Kritik aus Frankreich, Warnung von Netanyahu 

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron mahnte Mittwochabend in einem Fernsehinterview, den Terrorismus zu bekämpfen bedeute nicht, "alles in Gaza dem Erdboden gleichzumachen oder wahllos die Zivilbevölkerung anzugreifen". Deswegen seien der Schutz von Zivilisten und eine Feuerpause nötig, die zu einer Waffenruhe führe, sagte Macron im Sender France 5.

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu warnte am Dienstag aber, es werde keinen Waffenstillstand vor einer "Eliminierung der Hamas" geben. "Jeder, der glaubt, wir würden aufhören, hat keinen Bezug zur Realität."

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Nächster Versuch: Resolution im UNO-Sicherheitsrat am Donnerstag 

Unterdessen will der UNO-Sicherheitsrat in New York am Donnerstag erneut versuchen, sich auf eine Resolution mit einer Forderung nach einer Feuerpause zu verständigen. Für die vergangenen Tage angestrebte Abstimmungen über einen Resolutionstext waren immer wieder verschoben worden. Mit den Beratungen soll erreicht werden, dass die USA - einer der wichtigsten Verbündeten Israels - die Resolution nicht mit ihrem Veto blockieren.

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Unterschiedliche Berichte über Gespräche zu Geiselvereinbarung

US-Präsident Joe Biden sagte, es gebe "zum jetzigen Zeitpunkt" keine Erwartung einer sofortigen Geiselvereinbarung zwischen Israel und der Hamas. "Aber wir drängen dazu."

Der Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby, sagte wiederum, dass zurzeit intensive Gespräche über eine mögliche erneute Waffenruhe und einen Austausch von israelischen Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden, stattfinden. Diese sollen gegen in Israel befindliche palästinensische Gefangene ausgetauscht werden. "Dies sind sehr ernsthafte Gespräche und Verhandlungen, und wir hoffen, dass sie zu etwas führen", sagte Kirby am Mittwoch zu Reportern an Bord der Air Force One.

Hamas-Führer Ismail Hanija war am Mittwoch zu Gesprächen nach Kairo gereist, um mit ägyptischen Beamten zu sprechen, die sich um die Vermittlung eines neuen Waffenstillstands bemühen. Der britische Sender BBC und die US-Zeitung Wall Street Journal berichteten allerdings unter Berufung auf informierte Kreise, die Gespräche hätten zu keinem Ergebnis geführt, sollten aber fortgesetzt werden.

Gespräche angeblich auch mit Islamischem Jihad

Der Islamische Jihad, eine kleinere militante Palästinensergruppe, die ebenfalls Geiseln im Gazastreifen festhält, teilte mit, dass ihr Anführer in den kommenden Tagen ebenfalls Ägypten besuchen werde, um über ein mögliches Ende des Konflikts zu sprechen.

Hamas-Massaker am 7. Oktober

Am 7. Oktober waren hunderte Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas in israelische Orte eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden rund 1.140 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion bombardiert die israelische Armee seither Ziele im Gazastreifen und startete eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, inzwischen mindestens 20.000 Menschen getötet.

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