Medienberichte: Täter wollte für IS kämpfen

Blumen liegen vor dem Kopenhagener Kulturcafe.
Nach den Terroranschlägen sind außerdem zwei mutmaßliche Komplizen in Untersuchungshaft.

Der mutmaßliche Attentäter von Kopenhagen hat vor den Anschlägen laut einem dänischen Medienbericht im Gefängnis den Wunsch geäußert, für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien zu kämpfen. Die Gefängnisbehörden hätten seinen Namen deshalb auf eine Liste radikalisierter Häftlinge in dänischen Gefängnissen gesetzt, will die Zeitung Berlingske am Montag erfahren haben. Die Behörden bestätigten den allerdings Bericht nicht.

Die Ermittler hatten nach der Tat erklärt, es gebe nach ersten Erkenntnissen keine Hinweise darauf, dass der mutmaßliche Täter Verbindungen zum IS gehabt habe.

Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 22-jährigen Mann, der in Dänemark geboren wurde (mehr dazu hier). Er ist Medienberichten zufolge Sohn palästinensischer Eltern gewesen und hat sich mehrfach sehr wütend über Israel geäußert. Der 22-Jährige habe Palästina als zweite Heimat betrachtet und sich sehr für die Palästinenser engagiert, berichtete die dänische Zeitung Politiken am Montag unter Berufung auf Mitschüler des Mannes. Die dänischen Medien gaben den Namen des mutmaßlichen Täters mit Omar El-Hussein an. Die Polizei nannte keinen Namen.

Er ist laut Medienberichten außerdem erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassen worden. Der 22-jährige Däne habe wegen einer Gewalttat im Gefängnis gesessen und sei zwei Wochen vor den Angriffen aus der Haft entlassen worden, berichtete die Tageszeitung Ekstra Bladet am Sonntag. Die Zeitung veröffentlichte ein Foto des Mannes, auf dem dieser klar zu erkennen ist. Dem Bericht zufolge wurde der 22-Jährige im Dezember verurteilt, weil er ein Jahr zuvor in einem Kopenhagener Bahnhof einen 19-Jährigen ohne erkennbaren Grund niedergestochen hatte. Den Großteil der Strafe verbüßte er demnach durch die Untersuchungshaft. Laut dem Bericht, der auch vom Fernsehsender TV2 aufgegriffen wurde, gehörte der junge Mann einer Gang namens Brothas im Stadtteil Nörrebro an.

Zur kriminellen Vergangenheit des Mannes erklärte die Polizei, dieser habe mehrere Gewalttaten auf dem Register und habe gegen Waffengesetze verstoßen. Er habe zudem Kontakte zu kriminellen Banden gehabt.

Zwei Festnahmen

Nach den Terroranschlägen am Wochenende hat die dänische Polizei bereits zwei mutmaßliche Komplizen festgenommen. Die Männer werden beschuldigt, dem Attentäter "mit Rat und Tat" geholfen zu haben. Einer der Männer wurde demnach am Sonntag in der Früh, der andere am Sonntagnachmittag festgenommen. Die Laut Medienberichten sollen die Männer dem Attentäter Waffen besorgt haben. Das bestätigte die Polizei nicht. Die beiden Verdächtigen wurden wegen des Verdachts der Mithilfe in Untersuchungshaft genommen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Ritzau unter Berufung auf einen Richter. Den Männern wird Beihilfe zum Mord, zum Mordversuch und zur gefährlichen Körperverletzung vorgeworfen.

Die Polizei ist außerdem weiter auf der Suche nach Zeugen: "Wir wollen gern Kontakt mit mehr Zeugen aufnehmen, die den Täter gesehen haben", erklärten die Ermittler. Besonders wichtig seien Zeugen, denen der Mann auf dem Weg zum ersten Tatort aufgefallen sei.

Zwei Attentate

Der vermummte Angreifer hatte am Samstagnachmittag eine Diskussionsveranstaltung zum Thema Meinungsfreiheit und Gotteslästerung in einem Kopenhagener Kulturcafe gestürmt. Er wollte sich offenbar den Weg in den Veranstaltungsraum freischießen, doch Leibwächter des an der Diskussion teilnehmenden Karikaturisten Lars Vilks hätten das Feuer erwidert - dabei wurden ein 55-jähriger Mann getötet und drei Polizisten verletzt.

Medienberichte: Täter wollte für IS kämpfen
Stadtplan Kopenhagen mit Lokalisierung der Ereignisse Grafik 0199-15-Terror.ai, Format 88 x 80 mm
Der Anschlag löste einen Großeinsatz der Polizei aus. Einige Stunden später fielen dann Schüsse vor einer Synagoge in der dänischen Hauptstadt. Zunächst täuschte der Attentäter laut Medienberichten Trunkenheit vor. Taumelnd näherte er sich der Synagoge, ehe er einen 37 Jahre alten Wachmann tötete, berichtete die TageszeitungPolitiken. Mit weiteren Schüssen verletzte der 22-Jährige zwei Polizisten, die versuchten, ihn aufzuhalten. Schließlich konnte er entkommen. In der Synagoge befanden sich etwa 80 Menschen, die zur Feier einer Bar Mitzwa gekommen waren - der Wachmann hatte vor dem Gebäude patrouilliert, da man die Sicherheitsmaßnahmen nach den Anschlägen von Paris im Jänner verstärkt hatte.

Nach den Anschlägen wurden Erinnerungen wach an die Angriffe auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Frankreich.

Plädoyer für Meinungsfreiheit

Der schwedische Zeichner Lars Vilks, dem vermutlich der erste Anschlag am Wochenende galt, will auch nach den Anschlägen weiter für Meinungsfreiheit eintreten. "Konzepte wie Demokratie und Meinungsfreiheit sind nicht verhandelbar. Wir dürfen uns nicht von Bedrohungen beeinflussen lassen und unsere Regeln infrage stellen", sagte er der Zeitung La Repubblica (Montag). Islamisten kritisieren Vilks seit Jahren wegen seiner Mohammed-Karikaturen.

"Wir dürfen nicht aufgeben. Wir können unsere Idee von Demokratie nicht ändern, nur weil sie den Mördern nicht gefällt", sagte er dem Blatt. Er forderte, der Islam müsse offen sein für eine Diskussion über Meinungsfreiheit.

Gedenkfeier für die Opfer Montagabend

Heute Abend will die Stadt Kopenhagen der Opfer der beiden Terroranschläge vom Wochenende gedenken. Zu der Feier um 20.00 Uhr, die am ersten Tatort, dem Kulturcafe Krudttönden stattfinden soll, haben sich auch die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo und ihr Stellvertreter Patrick Klugman angekündigt. Das teilte das Büro des Kopenhagener Oberbürgermeisters Frank Jensen am Sonntag mit.

Bilder der Tatorte

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Investigative personnel work at the scene of a caf
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A policeman is seen along a street in central Cope
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Police officer Skov gives a statement in front of
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Prime Minister Helle Thorning-Schmidt speaks to th
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Police secures the police headquarters in Copenhag

Erhöhte Sicherheitsstufe in Österreich

Die Sicherheitsstufe in Österreich bleibt laut Innenministerin Johanna Mikl-Leitner weiterhin erhöht. Jedoch müsse die Gefährdungseinschätzung neu bewertet und daraus abgeleitete Sicherungsmaßnahmen gegebenenfalls adaptiert werden, so Mikl-Leitner (ÖVP) am Montag. Einen direkten Bezug zu Österreich gebe es bisher aber nicht.

Zwar gebe es in Österreich Anlass zur Sorge und Vorsicht, aber sicher nicht zur Panik. "Die Polizei muss für den Ernstfall gut gerüstet sein - mit unserer Sicherheitsoffensive ist das gesichert." Die Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden in Europa bezeichnete Mikl-Leitner als "eng" und "sehr gut". Die Innenministerin warnte jedoch vor extremen "politischen oder gesellschaftlichen" Reaktionen. "Diese Verbrecher wollen mit Angst und Schrecken unsere Gesellschaft spalten. Das dürfen wir nicht zulassen, sonst haben sie schon gewonnen", äußerte sich die Ministerin zu "repressiven" Maßnahmen.

Deutsch: Politiker müssen "dringendst" handeln

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, hat Europas Politiker dazu aufgerufen, "dringendst" gegen den Terrorismus und den wachsenden Antisemitismus speziell von islamischer Seite vorzugehen. "Das ist alles eine sehr gefährliche Sache", sagte Deutsch gegenüber der APA am Montag mit Blick auf die tödlichen Anschläge auf ein Cafe und eine Synagoge in Kopenhagen.

Da sollte man sich in Europa nicht unbedingt fragen, ob Juden auswandern wollen, sondern man sollte alles tun damit ihre Sicherheit gewährleistet ist, betonte Deutsch. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte europäische Juden nach den Anschlägen in Kopenhagen und Paris dazu aufgerufen, in den jüdischen Staat auszuwandern. Dies hätten auch schon Netanyahus Vorgänger und Präsidenten Israels getan - "das ist scheinbar deren Job und das ist in Ordnung so", sagte Deutsch. Er persönlich sei der Ansicht, jeder Jude soll selbst entscheiden, wo er leben wolle.

Vor dem Hintergrund der Terrorgefahren in ganz Europa gebe es auch Drohungen gegen die jüdische Gemeinde, hatte Deutsch am Samstag im KURIER gesagt. Für die jüdischen Gemeinden in Österreich gelte ein "stark erhöhtes Sicherheitsgebot", bekräftige Deutsch gegenüber der APA.

11. März 2004 Bei Anschlägen auf vier Pendlerzüge in MADRID sterben 191 Menschen, rund 2.000 werden verletzt. Aus Marokko stammende Verdächtige sollen auch in Anschläge im marokkanischen Casablanca verwickelt gewesen sein. Drei Wochen später sprengt sich der mutmaßliche Rädelsführer Sarhane Ben Abdelmajid Fakhet bei einer Razzia in einem Vorort von Madrid mit mehreren Komplizen in die Luft.

7. Juli 2005 Vier Muslime mit britischem Pass zünden in drei U-Bahnen und einem Bus in LONDON Sprengsätze. Die Islamisten reißen 52 Menschen mit sich in den Tod, 700 Personen werden verletzt. Vier weitere Attentatsversuche schlagen zwei Wochen später fehl. Es folgt eine umfangreiche Anti-Terroraktion der britischen Polizei. Mehrere der dabei Festgenommenen werden später zu Haftstrafen verurteilt.

22. Juli 2011 Im Nicht-EU-Land Norwegen tötet der Rechtsextremist Anders Behring Breivik bei einem Bombenanschlag auf das Regierungsgebäude in OSLO aus Fremdenhass und Islamfeindlichkeit acht Menschen. Anschließend tötet er auf der Insel UTÖYA 69 Teilnehmer eines Jugendlagers der Arbeiterpartei. Er verbüßt inzwischen eine Haftstrafe von 21 Jahren, die verlängert werden kann.

März 2012 Bei einer Anschlagserie in der südfranzösischen Region Midi-Pyrenees mit islamistischem Hintergrund kommen sieben Menschen ums Leben. Mit einem Motorroller unterwegs, erschießt der Franko-Algerier Mohamed Merah in TOULOUSE und MONTAUBAN drei Soldaten sowie drei Kinder und einen Erwachsenen vor einer jüdischen Schule. Merah verschanzt sich in seiner Wohnung und wird von der Polizei erschossen.

18. Juli 2012 Auf dem Flughafen von BURGAS in Bulgarien sprengt ein Selbstmordattentäter einen Reisebus mit israelischen Touristen in die Luft. Todesopfer: Fünf Israelis und der bulgarische Fahrer. Hinter dem Attentat soll die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah stecken. Der Selbstmordattentäter Mohamad Hassan El Husseini (auch Mohamed Hassan El) war Libanese. Zwei mutmaßliche Komplizen, ein australischer und ein kanadischer Staatsbürger, Maliad Farah und Hassan El Hajj Hassan, reisten nach dem Anschlag in den Libanon; Bulgarien hat ihre Auslieferung beantragt.

22. Mai 2013 Zwei zum Islam konvertierte Briten nigerianischer Abstammung töten auf offener Straße in LONDON einen britischen Soldaten mit Messern und einer Hacke. Sie rufen dabei islamistische Parolen. Sie wurde später zu lebenslang bzw. 45 Jahren verurteilt.

24. Mai 2014 Der Islamist Mehdi Nemmouche erschießt bei einem Anschlag auf das Jüdische Museum in BRÜSSEL vier Menschen. Der Täter ist Franko-Algerier. Er wird später im südfranzösischen Marseille verhaftet und nach Belgien ausgeliefert. Nemmouche ist bisher nicht verurteilt.

29. Dezember 2014 13. Fall einer Serie von Brandanschlägen auf Moscheen in SCHWEDEN in jenem Jahr, bei denen es Verletzte gibt.

7.-9. Jänner 2015 Zwei Terroristen, die sich später zur Al-Kaida im Jemen bekennen stürmen die Redaktion der u.a. für ihre Mohamed-Karikaturen bekannten Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in PARIS. Die Brüder Kouachi töten dort zwölf Personen. Sie verschanzen sich in einer Druckerei bei Paris. Dort kommt es zu einem Feuergefecht mit der Polizei, bei dem sie erschossen werden.

Ein weiterer Islamisten der sich zum Islamischen Staat (IS) bekennt, tötet in Paris eine Polizistin und überfällt einen jüdischen Supermarkt. Dort tötet er vier Menschen und nimmt Geiseln. Bei der Erstürmung des Supermarktes wird er erschossen.

14./15. Februar 2015 Innerhalb von rund zehn Stunden erschüttern zwei Terroranschläge die dänische Hauptstadt KOPENHAGEN. Die Folge sind zwei Tote und mehrere Verletzte an zwei Tatorten: In einem Kulturcafe, wo eine Diskussionsveranstaltung zum Thema "Kunst, Gotteslästerung und Freie Rede" stattfand, stirbt ein Filmregisseur. Vor einer Synagoge wird ein Wachmann erschossen. Die Polizei erschießt den mutmaßlichen Todesschätzen später.

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