Feuerpause vorbei: Israels Regierungssprecher kündigt "Mutter aller Schläge" an
Zehn Tage: So lange hätte die Waffenruhe zwischen Israel und der radikal-iislamistischen Hamas nach der ursprünglichen Übereinkunft der Kriegsgegner maximal dauern können. Freitagfrüh voriger Woche begann die Waffenruhe, bis kommenden Montagfrüh hätte sie entsprechend ausgeweitet werden können.
Heute Früh, 6 Uhr, lief die aktuelle Feuerpause zwischen Israel und der Hamas dann aber aus: Israel hat kurz vor Ablauf der Frist für die Feuerpause nach eigenen Angaben einen Angriff aus dem Gazastreifen abgewehrt. Nahe des abgeriegelten Küstengebiets hatten die Sirenen geheult.
Noch kurz zuvor war eine Verlängerung der Feuerpause um einen weiteren Tag im Raum gestanden. Das Wall Street Journal hatte unter Berufung auf ägyptische Quellen berichtet, beide Seiten hätten sich auf eine nochmalige Verlängerung um einen Tag geeinigt. Die Hamas sei laut Insidern bereit gewesen, die Waffenruhe mit Israel zu verlängern.
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Israels Regierungssprecher kündigt "Mutter aller Schläge" an
Doch Israel lehnte ab: Stattdessen hat die israelische Armee nach dem abgewehrten Raketenangriff die Kämpfe im Gazastreifen wieder aufgenommen. Die Armee warf der radikal-islamistischen Palästinenser-Gruppe vor, die Vereinbarung der vorübergehenden Waffenruhe mit den auf Israel abgefeuerten Raketen gebrochen zu haben.
Israel hat nun massive Angriffe gegen die Hamas angekündigt. Die Palästinenserorganisation "wird jetzt die Mutter aller Schläge einstecken", sagte Regierungssprecher Eylon Levy am Freitag vor Journalisten. Levy schrieb die Schuld für das Ende der Waffenruhe der Hamas zu, weil diese "nicht alle entführten Frauen freigelassen" habe. Der Regierungssprecher sagte, die Hamas habe vor Ablauf der Feuerpause Freitag früh keine neue Liste von Geiseln übergeben, die freigelassen werden sollen. Zudem habe die radikalislamische Palästinenserorganisation eben vor Ende der Waffenruhe eine Rakete auf israelisches Gebiet abgefeuert.
Die Hamas erklärte hingegen, sie habe Israel einen Austausch von "älteren Menschen" sowie die Übergabe der Leichen israelischer Geiseln vorgeschlagen. Israel habe darauf nicht reagiert.
"Mit der Wiederaufnahme der Kämpfe betonen wir: Die israelische Regierung ist entschlossen, die Ziele des Krieges zu erreichen - unsere Geiseln zu befreien, die Hamas zu eliminieren und sicherzustellen, dass der Gazastreifen niemals eine Bedrohung für die Bewohner Israels darstellen wird", hieß es zudem in einer Erklärung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
Der Hamas nahestehende Medien meldeten, im Norden des Gazastreifens seien Schüsse und Explosionen zu hören. Auch über Geräusche von Militärflugzeugen und Drohnen, die über Gaza-Stadt flogen, wurde berichtet. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Die Nachrichtenagentur Middle East Eye beruft sich auf das Gesundheitsministerium der Hamas: Bis Mittag sollen mindestens 109 Palästinenser bei den aktuellen Gefechten seit Freitagfrüh getötet, Dutzende schwer verletzt worden sein.
30 Palästinenser freigelassen
Wenige Stunden vor Ablauf der Frist entließ die israelische Gefängnisbehörde nach palästinensischen Angaben als Teil des Abkommens erneut 30 palästinensische Häftlinge. Sie seien in Ost-Jerusalem sowie im Westjordanland von ihren Familien empfangen worden, berichteten in der Nacht zum Freitag palästinensische Medien. Demnach handelte es sich um acht Frauen sowie 22 männliche Jugendliche unter 19 Jahren.
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Die Hamas ließ zunächst zwei israelische Frauen frei, am Donnerstagabend dann weitere sechs Israelis. Sie sollten medizinisch untersucht werden, bevor sie anschließend in Krankenhäusern ihre Familien treffen, wie das Militär mitteilte. Nach Angaben aus dem Büro von Israels Regierungschef Netanjahu handelte es sich um vier Frauen sowie eine 18-Jährige und ihren 17-jährigen Bruder.
Die beiden arabisch-israelischen Geschwister waren aus einer Beduinenstadt im Süden des Landes entführt worden.
Während der Waffenruhe wurden insgesamt 80 von der Palästinenserorganisation aus Israel verschleppte Geiseln befreit. Im Gegenzug wurden 240 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen. Außerdem wurden 23 Thailänder, ein Filipino und ein russisch-israelischer Doppelstaatler außerhalb der Vereinbarung freigelassen.
Laut Israel werden noch 137 Geiseln festgehalten. Darunter seien 115 Männer, 20 Frauen sowie zwei Kinder, sagte Eylon Levy am Freitagnachmittag. Dabei zählt die israelische Regierung auch eine Frau und ihre beiden kleinen Söhne mit, die die islamistische Hamas vor wenigen Tagen als getötet angegeben hatte. Deshalb war es fraglich, wie lange das bisherige Prozedere, bei der Frauen und Kinder im Gegenzug für eine Verlängerung der Feuerpause freigelassen werden, überhaupt noch fortgesetzt werden kann.
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Blinken mahnt Israel
US-Außenminister Antony Blinken forderte Israels Führung mit deutlichen Worten auf, die Zivilisten im Gazastreifen zu schützen. Sollte Israel den Krieg wieder aufnehmen, sei es „zwingend erforderlich“, dass sich Israel an das humanitäre Völkerrecht und die Regeln der Kriegsführung halte, sagte Blinken bei einem erneuten Besuch in Israel.
Die zahlreichen Todesopfer in der Zivilbevölkerung und die Vertreibung in dem Ausmaß, wie man sie im nördlichen Gazastreifen gesehen habe, dürfe sich im Süden nicht wiederholen, mahnte er nach einem Treffen mit Regierungschef Netanjahu.
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Israel müsse vor der Wiederaufnahme größerer Militäreinsätze humanitäre Pläne zum Schutz der Zivilbevölkerung vorlegen, die weitere Opfer auf ein Minimum reduzierten, forderte Blinken. In den Plänen sollte etwa genau festgelegt werden, in welchen Gebieten Zivilisten im südlichen und zentralen Gazastreifen sicher seien. Die Zerstörung lebenswichtiger Infrastruktur wie von Krankenhäusern, Kraftwerken und Wasserversorgungsanlagen müsse vermieden werden.
Hilfsgüter erreichten Norden Gazas
Unterdessen berichtete der Palästinensische Rote Halbmond, dass seit Beginn der Waffenruhe 310 Lastwagen mit Hilfsgütern erfolgreich den Norden des abgeriegelten Küstenstreifens erreicht hätten. Auf diese Weise konnten wichtige Güter wie Lebensmittel, Babynahrung und Decken für Tausende Menschen in Not bereitgestellt werden, hieß es auf X.
Allein am Vortag hätten 56 Lastwagen mit Hilfsgütern die Stadt Gaza und die nördlichen Gebiete des Küstengebiets erreicht. Insgesamt kamen demnach seit Beginn der Feuerpause mehr als 1.000 Lkw mit Hilfsgütern im gesamten Gebiet an.
Couragierter Zivilist nach Hamas-Anschlag in Jerusalem tot
Unterdessen starb ein Zivilist, der bei dem Terroranschlag in Jerusalem die Attentäter beherzt angriffen hatte und versehentlich von israelischen Soldaten beschossen worden war. Er sei einen Tag vor seinem 38. Geburtstag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen, berichteten mehrere israelische Medien am Donnerstagabend.
Der Mann habe gesehen, wie die Attentäter an einer Bushaltestelle auf Menschen schossen, sei aus dem Auto gesprungen und habe mit seiner eigenen Waffe auf die Angreifer geschossen. Auch die Soldaten eröffneten das Feuer auf die Palästinenser, hielten jedoch auch den Mann irrtümlicherweise für einen Attentäter und schossen auf ihn, hieß es. Die Hamas reklamierte den Terroranschlag später für sich.
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