Der Spießrutenlauf in sein Heim, in der Pennsylvania Avenue, das er in zehn Wochen räumen muss, ließ die Wut des Präsidenten hochkochen. Hatte er die Stunden auf dem Golfplatz verbracht, ohne zu twittern, ging es nach der Heimkehr gleich los. Die Wahl sei gefälscht, er habe gesiegt und außerdem seien Beobachter vom Auszählen der Stimmen ausgesperrt worden.
Abgesehen von seinen Twitter-Tiraden blieb Trump unsichtbar. Die immer lauter werdenden Rufe von prominenten Parteikollegen wie Mike Huckabee oder Karl Rove, doch endlich seine Niederlage einzugestehen, ignoriert er. Auch dass Zeitungen wie das Boulevardblatt New York Post, das ihn bis zuletzt bedingungslos unterstützt hatte, jetzt dazu aufrufen „mit diesem Gestohlene-Wahlen-Gerede Schluss zu machen“, ändert vorerst nichts: Donald Trump will vor Gericht weiterkämpfen.
Die engsten Verbündeten in dieser nach Ansicht der meisten Experten eher aussichtslosen Lage sind sein Anwalt Rudy Giuliani und Sohn Donald Jr. – der ruft in einem Stakkato von E-Mails an Parteigänger dazu auf, „den Kampf nicht aufzugeben“. Auf die Parolen folgt der Aufruf, doch noch einmal für die anlaufenden Prozesskosten zu spenden. In den sozialen Medien wird der 42-Jährige, der die Trump-Unternehmen für seinen Vater führt, noch dramatischer. Dort schreibt er vom „totalen Krieg“, oder vom „Kampf bis zum Tod“.
Davon will ein anderes einflussreiches Mitglied der Familie nichts wissen. Jared Kushner, die ganze Amtszeit über enger strategischer Berater des Präsidenten, soll nach Berichten von US-Medien diesen inzwischen eindringlich dazu drängen, aufzugeben und die Niederlage öffentlich einzugestehen.
Um die praktische Fortsetzung des Kampfes kümmert sich währenddessen Rudy Giuliani. Er ist damit beschäftigt, die zahlreichen bereits eingeleiteten Gerichtsverfahren gegen die Wahl zu organisieren. Der ehemalige New Yorker Bürgermeister trat mit mehreren Wahlhelfern und Beamten, die die Fälschungen vor Gericht bezeugen wollen, vor die Presse.
Die Überzeugung, dass diese Wahl gefälscht war, treibt Trumps-Anhänger weiterhin auf die Straße. In den Hauptstädten zahlreicher Bundesstaaten – von Phoenix, Arizona, bis Philadelphia, Pennsylvania – marschierten sie auf. Dort, aber etwa auch in Atlanta, Georgia, waren es mehr als Tausend Menschen, anderorts nur ein kleines Häufchen von Getreuen. US-Flaggen und Trump-Schilder wurden geschwenkt, dazu skandierte man die aktuelle Parole im Trump-Lager: „Schluss mit dem Wahldiebstahl“.
Die Biden-Anhänger dagegen hatten das Feiern am Sonntag erst einmal hinter sich. Auf den Straßen von Washington D.C. blieben nur ein paar ihrer Transparente zurück, darunter eines vor Trumps eigenem Hotel in der Nähe des Weißen Hauses – mit einer fast schon freundlichen Bitte: „Sei kein schlechter Verlierer.“
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