Deutschland und Israel, das ist kompliziert

Analyse: Der Gabriel-Eklat hat eine längere Vorgeschichte - Deutschland emanzipiert sich langsam von Israel.

Bibi, der Bulldozer, gegen Sigi, den Hitzkopf: Dass Israels Premier Netanjahu den deutschen Außenminister Gabriel am Holocaust-Gedenktag nicht sehen wollte, weil der sich mit regierungskritischen NGOs traf, mag an der Sturheit und dem Widerspruchsgeist der beiden liegen.

Das wäre aber zu einfach – denn schon seit Jahresanfang hängt der Haussegen zwischen den beiden Ländern schief. Da hat Kanzlerin Angela Merkel die obligaten Regierungskonsultationen abgesagt; offiziell wegen Terminproblemen. Als eigentlicher Anlass wurde aber das kurz zuvor verabschiedete Siedlergesetz gewertet.

"Historische Pflicht"

Das war eine leise Abkehr von der Doktrin, die seit dem Zweiten Weltkrieg von der „historischen Pflicht“ Berlins getragen ist – Deutschland war stets großer Fürsprecher Israels; eine Anerkennung des Palästinenserstaates denkunmöglich. Die schwierige Freundschaft nutzte Israel in Wirtschafts- und Rüstungsfragen; Waffengeschäfte aus Deutschland wurden von der Regierung subventioniert. Zuletzt lieferte man ein U-Boot, Berlin schoss 135 Millionen zu – obwohl es mit Atomwaffen nachrüstbar sei, wie der Spiegel enthüllte.

Ein offenes Ohr für Kritik bedingte das nicht. Martin Schulz wurde für seine Siedler-Kritik 2014 in der Knesset beflegelt. Dass Gabriel sich jetzt nicht Israels Vorstellungen gebeugt hat, was auch Merkel unterstützt, ist darum weniger diplomatischer Eklat denn Ansage an das „rechteste Kabinett der Geschichte“, wie Netanjahus Regierung genannt wird. Er wusste, worauf er sich einließ – Israel hatte ihm das zuvor signalisiert, und er soll auch zunächst nicht abgehoben haben, als Netanjahu ihn auf Vermittlung des österreichischen Kanzlers Kern anrief.

Ein neuer Termin, den Kern auch zu vermitteln suchte, steht nicht. Bis dahin ist Gabriels Vorgänger gefordert: Frank-Walter Steinmeier ist am 6.Mai in Israel.

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