Nach EU-Kritik: Babis-Unternehmen macht Anspielung auf NS-Zeit

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EU-Parlament sah möglichen Interessenskonflikt des tschechischen Regierungschefs. Dessen Holding Agrofert kritisiert eine Entscheidung "über uns ohne uns".

Die Holding Agrofert des tschechischen Premier Andrej Babis kritisierte am Freitagabend den Beschluss des Europaparlaments (EP) in Sachen des möglichen Interessenskonflikts des Regierungschefs. In einer Erklärung reagierte der Agrofert-Sprecher Karel Hanzelka, die EP-Abgeordneten hätten sich "zu einer Attacke gegen Agrofert missbrauchen" lassen.

Keiner habe Agrofert um eine Meinung gebeten. Man habe "über uns ohne uns" gehandelt, was skandalös und aus der Sicht des Fungierens der EU beispielslos sei, heißt es weiter in der Erklärung von Agrofert. "Die Fakten sind an unserer Seite. Wir sind offen zu eventuellen Gesprächen mit den EP-Vertretern, damit sich das 'über uns ohne uns' nicht wiederholt", so Agrofert.

Der Ausdruck "über uns ohne uns" wird in Tschechien in der Regel mit dem Münchener Abkommen von 1938 verbunden. Damals musste die damalige Tschechoslowakei ihre Grenzgebiete an Hitler-Deutschland abgeben. Die Vertreter Deutschlands, Italiens, Frankreichs und Großbritanniens hatten in München entsprechendes Abkommen unterzeichnet, wobei die Tschechoslowakei dazu nicht eingeladen wurde.

Noch keine Reaktion von Babis

Babis, Chef der regierenden Protestbewegung ANO, selbst äußerte sich zu dem EP-Beschluss zunächst nicht. Bereits früher hatte er aber die Interessenskonflikt-Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen. Die deutsche EP-Abgeordnete Monika Hohlmeier, die im Februar 2020 eine EP-Mission in Tschechien führte, hatte er als "verrückt" bezeichnet. Die EP-Mission war damals zum Schluss gekommen, dass tschechischen Behörden nicht imstande seien, die Interessenskonflikte zu kontrollieren und zu lösen. Die tschechischen Mitglieder der Mission und EP-Abgeordneten Tomas Zdechovsky (Volkspartei KDU-CSL) und Mikulas Peksa (Piraten-Partei) hatte Babis als "Verräter" genannt. Die Parteien von Zdechovsky und Peksa sind im tschechischen Abgeordnetenhaus in der Opposition.

Die tschechische Opposition zeigte sich von dem EP-Beschluss zu Babis nicht überrascht. Der Beschluss bestätige, dass Babis als Premier und Besitzer von Agrofert (und damit Empfänger der EU-Agrarsubventionen) im Interessenskonflikt sei. Laut dem Chef der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) Petr Fiala macht Babis im Ausland eine "Schande". Die Chefin der liberalkonservativen TOP 09 Marketa Adamova Pekarova "muss sich Babis auswählen: entweder Premier oder Großunternehmer".

Der Chef der Kommunisten (KSCM) Vojtech Filip, dessen Partei die Minderheitsregierung von ANO und Sozialdemokraten (CSSD) duldet, meinte, die EP-Resolution habe "keine Bedeutung" für die tschechische Rechtsordnung.

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