China: Computer wählt angeblich aus, wer verhaftet wird

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Maßnahme richte sich gegen Muslime in Xinjiang, schreibt Human Rights Watch in einem Bericht, der sich auf eine Liste der Polizei beruft.

China setzt nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) ein Computerprogramm zur willkürlichen Verhaftung von Muslimen in der Provinz Xinjiang ein. "Chinas brutale Repression der turksprachigen Muslime in der Region Xinjiang wird durch Technologie beschleunigt", erklärte die in den USA ansässige Menschenrechtsorganisation am Mittwoch.

Eine geleakte Polizeiliste mit mehr als 2.000 Einträgen zu Häftlingen beweise, wie angeblich verdächtiges Verhalten durch die Computer-Technologie markiert wird und später zu Verhaftungen führen kann.

Bewohner der Region wurden demnach mit Hilfe eines Programms markiert, das Daten von Überwachungssystemen in der Region zusammenführt. Beamte entschieden dann, ob die Menschen in Haftlager geschickt werden, hieß es in der HRW-Mitteilung weiter.

Die Polizeiliste zeige auch, dass viele Menschen nur deswegen eingesperrt wurden, weil sie von dem Computerprogramm als "verdächtig" eingestuft wurden. Die "überwiegende Mehrheit" dieser Menschen sei markiert worden, obwohl sie sich legal verhalten hätten.

So schlage das Programm etwa Alarm, wenn Verwandte im Ausland angerufen würden, wenn keine feste Adresse registriert sei oder das Handy wiederholt ausgeschaltet werde.

Die Liste dokumentiert mehr als 2.000 Inhaftierungen zwischen Mitte 2016 und Ende 2018. HRW wurden die Daten nach eigenen Angaben von einer anonymen Quelle zugespielt, die zuvor Aufnahmen aus dem Inneren eines Lagers in der Präfektur Aksu geliefert hatte. Die Menschenrechtsorganisation veröffentlichte nur Teile der Daten, um nach eigenen Angaben die Quelle nicht zu gefährden. Der Nachrichtenagentur AFP hatte teilweise Einsicht in die Liste.

"Unruhe stiften"

Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, warf HRW in Reaktion auf ihren Bericht vor, "Unruhe zu stiften". Der Bericht sei "nicht wert, widerlegt zu werden". Die Führung des Regierungsbezirks Aksu sowie die Behörden in Xinjiang kommentierten den Bericht auf Anfrage von AFP zunächst nicht.

Ausgaben für Überwachungstechnologien in Xinjiang haben in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. In der gesamten Region werden unter anderem Iris-Scanner und künstliche Intelligenz eingesetzt - offiziell zur Terrorismusbekämpfung, wie China angibt.

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind in Xinjiang mehr als eine Million Uiguren und andere Muslime in hunderten Haftlagern eingesperrt. Sie werden dort nach Angaben der Aktivisten zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen und teilweise auch misshandelt. Exil-Uiguren werfen Peking auch Morde, Verschleppungen, Folter und Zwangssterilisationen in der Region vor. Peking weist die Vorwürfe zurück und spricht von "Bildungszentren", die dem Kampf gegen islamistische Radikalisierung dienten.

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