Mursi erklärt seine Spaghetti-Welt

Denn auch der gewählte Präsident Mohamed Mursi, Vertreter der Muslimbruderschaft, wird mit ähnlichen Vorwürfen wie Mubarak konfrontiert: Er habe die Ziele der Revolution verraten.
Der ägyptische Präsident sorgt mit einem Interview für Verwunderung. Unterdessen legt der Verfassungsrat überraschende Eile an den Tag.

Nach den gewaltsamen Protesten gegen Präsident Mursi sorgt nun ein Interview des Staatsoberhaupts für einige Verwunderung in Ägypten. Gegenüber dem US-Magazin Time erklärte Mursi, dass es "nicht leicht ist, auf der Weltbühne zu stehen. Es ist schwieriger geworden. Die Welt ist komplizierter, komplexer, schwierig. Wie Spaghetti  - alles durcheinander".

"Planet der Affen" als Vorbild

Auch über seinen Studienaufenthalt an der University of Southern California in Los Angeles (1978 bis 1982) räsonierte Mursi - und sorgt damit für einige Verwirrung unter ägyptischen Politbeobachtern. Der Präsident erklärte nämlich, dass ihm ausgerechnet der Science-Fiction-Film "Der Planet der Affen" damals die Schwierigkeit von kultureller Zusammenarbeit, innerhalb und außerhalb eines Landes, vor Augen geführt habe. Was genau Mursi damit gemeint hat, ist allerdings unklar. Polit-Beobachter in Ägypten glauben, darin eine Anspielung auf die kürzliche Absetzung von Generalstaatsanwalt von Abdel Meguid Mahmoud entdeckt zu haben (mehr dazu hier). Auch vom Film "Vom Winde verweht" hat sich der Präsident offenbar beeinflussen lassen.

“Konflikte führen nicht zu Stabilität. Der Weg zu Kooperation ist ein langer, harter Weg", philosophiert Mursi über den Machtkampf zwischen Opposition und Regierung. Kritiker werfen Mursi vor, sich mit einem Verfassungsdekret die Macht eines Diktators oder eines "neuen Pharaos" geben zu wollen. Er selbst hat von einem befristeten Schritt gesprochen, um Reformen voranzutreiben.

Gegenüber Time quittiert Mursi die Vorwürfe mit einem Lachen: "Neuer Pharao? Ich bin als Student ins Gefängnis gefangen, weil ich für die ägyptischen Richter und das Justizsystem gekämpft habe." Er sei ein Kämpfer für Meinungs- und Glaubensfreiheit, sagt der Präsident. Besser als 2012 sei es den Ägyptern nie ergangen, behauptet Mursi.

Mursi erklärt seine Spaghetti-Welt

Verfassungsentwurf soll heute stehen

Unterdessen könnte der von Mursis Islamisten dominierte ägyptische Verfassungsrat schneller als erwartet über seinen Entwurf für eine neue Verfassung abstimmen lassen. Man wolle über den Entwurf beraten und die Diskussionen rasch abschließen, sagte der Sprecher des Komitees, Hossam el-Gheriyani. Der Donnerstag wäre ein guter Tag für eine Abstimmung, so el-Gheriyani.

Liberale und säkulare Mitglieder, die sich in der Vergangenheit aus Protest gegen die Dominanz der Muslimbrüder aus dem Verfassungsgremium zurückgezogen hatten, forderte er auf wieder zurückzukehren. Auch Amr Abdel Hadi, eines der wenigen verbleibenden liberalen Mitglieder bestätigte, dass eine Abstimmung für Donnerstag geplant sei.

Sollte sich das Gremium auf einen Verfassungsentwurf einigen, könnte das den Machtkampf zwischen Mursi und den Gerichten entschärfen. Der Streit zwischen Teilen der Justiz und dem ägyptischen Präsidenten hatte sich in den vergangenen Tagen zugespitzt. Die Richter streiken momentan und wollen ihre Arbeit erst wieder aufnehmen, wenn Mursi den Verfassungszusatz, der seine Entscheidungen unangreifbar macht, wieder aufgehoben habe.

Sollte der Verfassungsentwurf allerdings nicht die Vorwürfe der Opposition berücksichtigen, könnte das die politische Krise im Land allerdings noch verschärfen, glauben einige Beobachter.

Weiterführende Links:

BBC-Artikel

Issander al-Amrani (ägyptischer Journalist und Blogger)

"Time"-Interview mit Mohammed Mursi

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