Leben im Krieg: "Menschen können erstaunlich widerstandsfähig sein"

Es sind oft Frauen und Kinder, die sich in Konfliktregionen (hier in Gaza) Überlebenswege suchen müssen.
Militärische Konflikte bedeuten großes Leid. Doch für viele Betroffene ist Aufgeben keine Option.

Munira Khayyat ist ein Kind des Krieges, wie sie selbst sagt. Als sie 1976 im Libanon zur Welt kam, herrschte dort bereits seit einem Jahr Bürgerkrieg. Als Anthropologin nutzt sie diese Erfahrung heute, um Kriege und Konflikte aus einer unüblichen Sichtweise heraus zu analysieren – jener des Lebens, nicht des Sterbens.

Ihr Buch „A Landscape of war“ (dt. Eine Landschaft des Krieges) zeigt auf, wie Menschen im Süden des Libanon trotz Konflikten weiterleben. Viele von Khayyats Theorien lassen sich auf alle möglichen Kriege ummünzen.

KURIER: Frau Khayyat, wie kann man sich das Leben in einer Konfliktregion vorstellen?

Munira Khayyat: Es sollte nicht so schwer sein, sich das vorzustellen. Krieg ist eine Realität, die es vor nicht allzu langer Zeit auch in Europa gab. Die ideologische Verbindung vieler Europäer zum Leben darin ist nach dem Zweiten Weltkrieg abgebrochen. Es hat auch danach immer Kriege gegeben. Sie betrafen dann aber Leute in „exotischen Irgendwos“. Für viele Europäer ist Krieg etwas, das von der Realität des Friedens abweicht. Etwas, das wilde Barbaren betrifft - Nicht-Europäer. Ein hässlicher Fleck, den niemand sehen will und den niemand mit unserem Komfort verbinden will.

Und wenn es nahe Europa Krieg gibt, wenn weiße Europäer sterben, dann wird man nervös. Das war während des Krieges in Irland und der Balkankriege so. Und das ist jetzt während des Krieges in der Ukraine so. Europa erlebt Kriege oft über seine Flüchtlinge. Man macht sich Sorgen, dass sich das eigene, gute Leben dadurch verschlechtern könnte. Es ist schade, dass wir uns nur dann mit Krieg beschäftigen, wenn Leute sterben, die aussehen wie wir. 

Wie ist das aktuell beim Nahost-Konflikt?

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