"Moskau will Marionettenregierung“: Briten warnen vor Komplott der Russen in Kiew

"Moskau will Marionettenregierung“: Briten warnen vor Komplott der Russen in Kiew
Die britische Regierung glaubt, dass Russland eine von Putin eingesetzte Regierung in der Ukraine installieren will. Kiew selbst ist sich da nicht so sicher.

"Schwerwiegende Konsequenzen“ werde es haben, wenn die Russen ihren Plan tatsächlich in die Tat umsetzten: Großbritanniens stellvertretender Premierminister Dominic Raab warf Moskau am Sonntag in Sky News vor, eine Marionettenregierung in Kiew installieren zu wollen. „Uns liegen Informationen vor, die darauf hindeuten, dass die russische Regierung versucht, eine pro-russische Führung in Kiew zu etablieren, während sie erwägt, ob sie in die Ukraine einmarschieren und sie besetzen soll“, hieß es auch am Samstagabend in einer Mitteilung des britischen Außenministeriums.

Kandidat steht auf Sanktionsliste

Die Regierung in Moskau wies die Angaben der britischen Regierung freilich umgehend als "Falschinformation" zurück. Vielmehr würden Großbritannien und die Nato die Spannungen eskalieren. Experten halten einen solchen Schachzug für eher unwahrscheinlich. Dafür spreche auch, dass der frühere ukrainische Abgeordnete Jewhenij Murajew, der als möglicher Kandidat für die Führungsposition in der Regierung in Kiew genannt wird, seit 2018 auf einer russischen Sanktionsliste steht. Murajew wurden zwar gewisse Sympathiewerte im Osten der Ukraine nachgesagt, er gilt jedoch keinesfalls als politisches Schwergewicht.

In der Ukraine wurden die britischen Angaben naturgemäß anders bewertet. „Man sollte diese Information so ernst wie möglich nehmen“, sagte Mychajlo Podoljak, ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er räumte zwar Zweifel unter den Ukrainern ein, ob Murajew als Statthalter Moskaus in Kiew infrage käme. Dieser sei eine „zu lächerliche Figur“. Aber Russland habe schon zuvor unbedeutende Persönlichkeiten in Führungspositionen auf der annektierten Krim und im von Separatisten gehaltenen Donbass unterstützt.

Murajew selbst sagte auf Anfrage der Zeitung Observer, das britische Außenministerium scheine verwirrt zu sein. „Es ist nicht sehr logisch. Ich bin aus Russland verbannt. Nicht nur das, auch das Geld der Firma meines Vaters wurde konfisziert.“

Politpensionisten

Als moskaufreundliche Führer genannt wurden vom britischen Außenministerium neben Murajew auch vier Politpensionisten aus der Ära des 2014 nach Russland geflohenen Präsidenten Viktor Janukowitsch, darunter zwei ehemalige Spitzenbürokraten, die in der Vergangenheit enge Beziehungen nach Wien pflegten. Andrij Kljujew, ehemals mächtiger Chef von Janukowitschs Präsidentschaftskanzlei, hielt seinerzeit gemeinsam mit seinem Bruder Serhij über die SLAV AG in Wien Unternehmensbeteiligungen. Und auch Ex-Premier Mykola Asarow, dessen Familie Immobilien in Wien und Mariazell besaß, hielt sich vor dem Machtwechsel in Kiew Ende Februar 2014 wiederholt in Österreich auf. Später wurde der Ex-Premier bei seiner Klage gegen EU-Sanktionen vom Wiener Anwalt Gabriel Lansky vertreten.

Für Moskau handelte es sich bei dem britische Vorwurf um „Desinformation“. Vielmehr würden Großbritannien und die NATO die Spannungen eskalieren.„Wir rufen das britische Außenamt auf, diese Provokationen zu beenden, keinen Schwachsinn mehr zu verbreiten und sich auf die Erforschung des Mongolen- und Tatarenjochs (im 13.-15. Jahrhundert, Anm.) zu konzentrieren“, spöttelte die Sprecherin des russischen Außenamts, Marija Sacharowa, in der Nacht auf Sonntag via Telegram.

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