Misstrauensvotum, Minister-Rücktritt: May steht vor dem Ende

Schwere Stunden für Theresa May
Die britische Ministerin für Parlamentsfragen, Andrea Leadsom, ist zurückgetreten. Grund: der jüngste Brexit-Kurs der Regierung.

Es läuft nicht gut für Theresa May. Am Freitag schon könnte sie ihren Rückzug als Regierungschefin ankündigen. Erneut ist ein Anlauf der Premierministerin, einen Kompromiss im Brexit-Streit zu finden, gescheitert. Dann blüht der angeschlagenen Regierungschefin ein weiteres Misstrauensvotum ihrer konservativen Torys. Zudem erklärte die Unterhausvorsitzende Andrea Leadsom ihren Rücktritt aus Mays Kabinett.

"Mit großem Bedauern und schweren Herzens" gebe sie ihren Posten auf, erklärte Andrea Leadsom, die bis Mitte 2017 Umweltministerin war. Leadsom nahm als "Leader of the House of Commons" eine zentrale Rolle im Kabinett der Premierministerin Theresa May ein. Die Brexit-Befürworterin war nach dem Votum der Briten für den EU-Austritt 2016 und dem Rücktritt von David Cameron als Regierungschef zunächst gegen May angetreten, hatte sich dann aber aus dem Rennen zurückgezogen. Als Grund für ihren Rückzug gab Leadsom in einem auf Twitter veröffentlichten Schreiben Bedenken gegen den jüngsten Brexit-Kurs der Regierung an. Unter anderem unterstütze sie das Angebot von Ministerpräsidentin Theresa Mays nicht, das Parlament über die Möglichkeit eines Referendums über den Brexit abstimmen zu lassen.

Kompromisse

Theresa May hatte am Dienstag eine Reihe von Kompromissen vorgestellt, um ihren mit der EU ausgehandelten Brexit-Deal doch noch durchs Unterhaus zu bekommen. Sie stellte den Abgeordneten unter anderem ein zweites Referendum in Aussicht. Weiters sieht Mays Gesetzentwurf vor, dass das Parlament darüber abstimmen darf, ob das Vereinigte Königreich für eine gewisse Zeit in einer Zollunion mit der EU verbleiben soll.

Außerdem enthält Mays neuer Plan weitere Zusagen in den Bereichen Arbeitnehmerrechte und Umweltstandards. Damit geht die Regierungschefin vor allem auf Forderungen der Labour-Partei ein.

Trotz der Zugeständnisse stieß Mays neues Angebot parteiübergreifend auf Ablehnung. Labour-Chef Jeremy Corbyn sprach von "wenig mehr als einer neu verpackten Version ihres dreimal abgelehnten Deals". "Die Sprache mag sich geändert haben, das Abkommen nicht", sagte er.

Auch aus ihrer eigenen konservativen Partei bekam May Gegenwind. Ex-Außenminister Boris Johnson, kündigte an, nicht für das neue Paket zu stimmen. "Wir können und müssen es besser machen", schrieb Johnson, der als möglicher Nachfolger Mays gilt, im Kurzbotschaftendienst Twitter. Brexit-Wortführer und Umweltminister Michael Gove deutete angesichts des innerparteilichen Widerstands im Rundfunksender BBC einen Aufschub der Abstimmung über Mays neuesten Vorschlag an.

Misstrauensvotum

Mitglieder der Torys trafen sich am Mittwoch hinter verschlossenen Türen, um über ein mögliches Misstrauensvotum gegen die Premierministerin in den kommenden Tagen zu beraten. Für diesen Donnerstag wird ein Treffen Mays mit dem Leiter des 1922-Ausschusses ihrer Konservativen Partei, Graham Brady, erwartet.

Der Ausschuss regelt die Wahl und Abwahl des Parteichefs. Der Tag der Europawahl für die Briten könnte damit für die Zukunft Mays als Partei- und Regierungschefin entscheidend werden.

Am Mittwochabend hatte der 1922-Ausschuss sich laut britischen Medien noch nicht auf eine Regeländerung einigen können, die Mays schnelle Abwahl ermöglicht hätte. Würde May als Parteichefin gestürzt, müsste sie nach britischer Tradition auch ihr Regierungsamt aufgeben. Bisher kann ein Misstrauensvotum in der Partei nur einmal in zwölf Monaten stattfinden - und der jüngste Versuch war erst im Dezember 2018 gescheitert.

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