Merkel an Erdogan: "Diese Vergleiche müssen aufhören"

Merkel bei ihrer Regierungserklärung
Die deutsche Kanzlerin übte Kritik an Erdogans Äußerungen - zwar einige Tage zu spät, aber überraschend deutlich. Auftritte türkischer Minister schließt sie nicht aus.

Nein, begonnen hat sie ihre Rede nicht mit der Causa Prima. Gute 20 Minuten hat es gebraucht, bis sich Angela Merkel am Donnerstag bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag dem türkischen Präsident Erdogan und seinen verbalen Attacken auf Deutschland widmete - ein klares Signal, dass der EU-Gipfel und die Flüchtlingskrise, die sie bei der Rede viel ausführlicher behandelte, der deutschen Kanzlerin wichtiger ist.

Die Worte, die sie dann in Richtung Ankara rief, waren dann ebenso deutlich - wenngleich sie, so die Kritik, Tage zu spät kamen. „Tiefgreifend“ seien die Differenzen zwischen Deutschland und der Türkei, sagte sie zum Auftakt, und die Äußerungen von Erdogan „nicht zu rechtfertigen“ - sie seien eigentlich „so deplatziert, dass man es ernsthaft nicht kommentieren kann“. Vor allem der Vergleich mit der Nazi-Zeit sei „umso trauriger und deprimierender“, weil die beiden Länder seit Langem eine spezielle Freundschaft hätten: „NS-Vergleiche führen nur ins Elend, zur Verharmlosung - und das werden wir auf keinen Fall zulassen“, sagte Merkel. Und: „Diese Vergleiche müssen aufhören.“

"Mehr als problematisches Präsidialsystem"

Den angekündigten Auftritten türkischer Minister und Erdogans selbst in Deutschland - beim Krisentreffen Sigmar Gabriels mit seinem Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu wurde dies ja besprochen - werde sie keinen Riegel vorschieben wollen. Obwohl das Thema der Auftritte, das von Erdogan angekündigte Präsidialsystem, sogar laut der europäischen Venedig-Kommission „mehr als problematisch“ sei, wie Merkel sagte, stünden für sie die Werte Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Redefreiheit und Versammlungsfreiheit höher - „wir halten Auftritte für möglich“, solange sie mit offenem Visier angekündigt und genehmigt würden, sagte sie. Überraschungsauftritte - vor allem Erdogans - schließt das definitiv aus.

Dass dies „eine äußerst schwierige Gratwanderung“ sei, sei Merkel natürlich klar. „Aber so unzumutbar manches auch ist: Unser Interesse kann es nicht sein, dass die Türkei sich noch weiter von uns entfernt“, sagte sie.

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