Floppt der Handelspakt mit Südamerika? EU-Parlament stimmt dafür

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EU-Mercosur-Deal wackelt weiter. Auch nach dem Ja des EU-Parlaments zum Pakt halten Frankreich, aber auch Österreich am Widerstand fest

Zusammenfassung

  • Der EU-Mercosur-Handelspakt steht wegen verstärktem Widerstand Frankreichs und Skepsis weiterer Länder erneut auf der Kippe.
  • Das EU-Parlament stimmt über Sicherheitsgarantien für die Landwirtschaft ab, doch viele Abgeordnete und Bauern halten die Maßnahmen für unzureichend.
  • EU-Kommission und Industrie warnen vor dem Scheitern des Abkommens, da die Mehrheit der Mitgliedsstaaten weiterhin unsicher ist.

25 Jahre schon bastelt die EU an ihrem Freihandelsabkommen mit den vier Mercosur-Staaten Lateinamerikas, Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay – und in Brüssel sieht es derzeit so aus, als könnte es noch etwas länger dauern. Der Termin für die feierliche Unterzeichnung durch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am 20. Dezember in Brasilien droht die Absage. 

Zumindest das EU-Parlament gibt dem Handelsdeal am Dienstag Rückendeckung. Dort wurde über einen wichtigen Teil des Mercosur-Abkommens abgestimmt: die Sicherheitsgarantien für die Landwirtschaft. Die sind zuletzt verstärkt worden - und das reichte einer klaren Mehrheit im Parlament in Straßburg für ein Ja. 

Ungeachtet dessen hat Frankreich, Agrar-Großmacht der EU, in letzter Minute seinen Widerstand verstärkt. Es brauche weitere Absicherungen für die Landwirtschaft, um die gegen die vermeintlich übermächtige Konkurrenz, vor allem aus Brasilien und Argentinien, bestehen zu können.

Regierung in Paris wieder unter Druck der Bauern

In Paris wächst der Druck der Bauern auf die ohnehin wackelige Regierung von Premier  Sébastien Lecornu. Die muss derzeit ein Budget im Parlament durchbringen und will daher keine Abgeordneten verstimmen. Daher hätte man den Abschluss des Mercosur-Pakts lieber ins nächste Jahr verlegt. Auch andere EU-Länder sind weiterhin skeptisch, Italien, Polen und natürlich Österreich, wo die Regierung ohnehin durch einen Beschluss des Parlaments zu einem „Nein“ zu Mercosur verpflichtet sind.

Für die EU-Kommission wird die Situation immer schwieriger. Im Herbst hat man versucht, den Pakt durch zahlreiche Änderungen für die Skeptiker akzeptabel zu machen. Vor allem die Bauern, die härtesten Gegner des Paktes, sollten durch Sicherheitsgarantien  beschwichtigt werden.

Angst vor Preisverfall 

Deren größte Sorge sind ja die Importe von Rindfleisch aus Brasilien und Argentinien. Zwar sind die ohnehin beschränkt, auf rund zwei Prozent des Verbrauchs in der EU, sollte es aber trotzdem zu einem Verfall der Preise, oder anderen Turbulenzen auf den europäischen Agrarmärkten kommen, würde die EU-Kommission sofort gegensteuern: Etwa mit Importstopp, oder Sonderförderungen für die Bauern. Diese Sicherheitsgarantien sind allerdings auf zwei Jahre beschränkt, können maximal um weitere zwei Jahre verlängert werden.

Angst vor Hormonen, aber auch vor Preisverfall

Für viele Vertreter der Landwirtschaft, aber auch für grüne EU-Politiker ist das zu wenig. Die Garantien sollten dauerhaft sein. Dazu kommen  Umweltbedenken. Südamerikas Rinderzüchter setzen  großzügig Hormone und Antibiotika als Wachstumsbeschleuniger ein. Dazu kommen Pestizide, die in Europa längst verboten sind, auf Felder und Weiden. 

EU-Parlament stimmt ab - Mehrheit für Deal erwartet

Am Dienstag wird also das EU-Parlament über die Sicherheitsgarantien abstimmen. Neben den Grünen und Teilen der Europäischen Volkspartei stellt sich auch die Rechtsaußen-Fraktion „Patrioten für Europa“  - die FPÖ gehört dazu – gegen das Abkommen. Auch sie verweisen auf Umweltbedenken und die unfaire Konkurrenz für die Bauern. Die lange erwartete Mehrheit für das Abkommen wackelte zuletzt wieder.

EU-Kommission und Industrie warnen

Doch die endgültige Entscheidung fällen die Mitgliedsstaaten. Ob eine sogenannte „qualifizierte Mehrheit“ zustande kommt, ist unklar. In Brüssel wurden Verhandlungen unter den EU-Ländern zuletzt ständig in  letzter Minute verschoben, weil die  Mehrheit  wackelte. Dänemark, das derzeit den EU-Ratsvorsitz hat und sich für den Pakt stark macht, wollte keine Niederlage riskieren.  Möglich auch, dass die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel noch einmal das Thema diskutieren. 

Die EU-Kommission warnt unterdessen laut vor einer weiteren Verzögerung,  Handelskommissar Maroš Šefčovič, der die letzten Verhandlungen geleitet hat, sieht das Abkommen bei einer weiteren Verschiebung sogar endgültig vom Scheitern bedroht. Ähnlich besorgt sind Vertreter der Wirtschaft. Für den Österreicher Markus Beyrer etwa, Chef des einflussreichen Unternehmer-Verbandes „Business Europe“, steht Grundsätzliches auf dem Spiel, und zwar  „die Glaubwürdigkeit Europas. Wir müssen das hinkriegen.“

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