EU wirbt für Mercosur: "Nur 200 Gramm Rindfleisch pro Person und Jahr"

Bauern protestieren in Brüssel gegen das Mercosur-Abkommen
Zusammenfassung
- Das Mercosur-Abkommen soll Zölle und Handelsbarrieren zwischen der EU und den Mercosur-Staaten abbauen und bietet EU-Unternehmen Zugang zu einem wichtigen Exportmarkt.
- Trotz Kritik aus Landwirtschaft, Gewerkschaften und Umweltschutz bleiben 95 Prozent der EU-Agrarprodukte durch Zölle geschützt; beim Rindfleisch betrifft das Abkommen nur 200 Gramm pro EU-Bürger und Jahr.
- Die EU betont wirtschaftliche Vorteile, Nachhaltigkeit und die Reduktion von Abhängigkeiten von den USA und China durch das Abkommen.
Der Mercosur ist mit seinen 280 Millionen Konsumenten nach dem EU-Binnenmarkt und Nordamerika einer der wichtigsten Exportmärkte für EU-Unternehmen. Sie lieferten 2024 Waren und Dienstleistungen im Wert von 84 Mrd. Euro in die vier Gründerstaaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay.
EU-Vertreter wie der ehemalige Chefverhandler des Mercosur-Handelsabkommens, Rupert Schlegelmilch, rühren weiterhin die Werbetrommel für den schon 2019 vereinbarten Abbau von Zöllen und technischen Handelsbarrieren. Denn trotz geglückter Nachverhandlungen in den Jahren 2024 und 2025 ist die Kritik aus der Landwirtschaft, von Gewerkschaften und Umweltschützern an dem Abkommen nicht verstummt. Die Sorgen und Ängste reichen von Hormonfleisch und Gen-Tech-Soja über den Abbau von Arbeitschutznormen und Gewerkschaftsrechten bis zur illegalen Abholzung und Brandrodung des Regenwaldes im Amazonas-Gebiet.
Offenste Wirtschaft
Schlegelmilch sagte bei einer Veranstaltung der EU-Vertretung in Wien: Die EU ist mit einem Exportanteil am BIP von rund 50 Prozent nicht nur die „offenste Wirtschaft der Welt“, sondern mit einem Anteil von rund 33 Prozent an den globalen Direktinvestitionen auch der größte Investor der Welt. „Wir leben in einem Geflecht von wirtschaftlichen Abhängigkeiten, aber wir kümmern uns auch um Nachhaltigkeit, Arbeit oder die Umwelt. Es geht nicht nur um wirtschaftliche Vorteile.“
Welche Globalisierung?
Bei der Debatte um das Mercosur-Abkommen schwingt mittlerweile sehr viel mit. Welche Globalisierung wollen wir eigentlich? Wo steht Europa im globalen Wettbewerb? Mit Blick auf die USA und China sagte der EU-Experte, dass mittlerweile die „Handelspolitik als Waffe“ eingesetzt werde. Das sehe man an den US-Zöllen, an den chinesischen Exportkontrollen für seltene Erden, an den US-Drohungen gegen Brasilien wegen des Bolsonaro-Prozesses oder den Drohungen gegen Europa wegen der Vorschriften für US-Tech-Konzerne.
Wichtige Importe
Schlegelmilch sagte, Europa spare im Export vier Milliarden Euro pro Jahr an Zöllen, wenn das Mercosur-Abkommen steht – er hofft auf Anfang 2026. Aber man dürfe auch die Importseite nicht vergessen. Sie reicht von in Lateinamerika hergestellten Futtermitteln bis zu den reichen brasilianischen Vorkommen an seltenen Erden wie Lithium. Schlegelmilch: „Wir importieren, um zu exportieren.“ Es gehe vor allem darum, Abhängigkeiten von Ländern wie USA oder China zu reduzieren.
Volle Öffnung
Beispiel Fleisch: Befürchtet werde durch das Mercosur-Abkommen eine Welle an landwirtschaftlichen Produkten, die die EU-Märkte fluten wird. Doch es gehe in Summe nur um rund fünf Prozent, 95 Prozent der EU-Agrarprodukte wären weiterhin von Zöllen und anderen Schranken geschützt. Beim Rindfleisch seien es überhaupt nur 1,5 Prozent der in der EU-erzeugten Menge, die zusätzlich und zollfrei nach Europa kommen werden. „Das sind pro Jahr und EU-Bürger nur 200 Gramm“, sagt Schlegelmilch. „Dafür bekommen wir die volle Öffnung der Industriemärkte.“
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