„Unsere Chancen stehen ziemlich gut“, ruft er bei Wahlkampfveranstaltungen, die er derzeit im ganzen Land besucht. Viele jüngere Menschen sehen in dem linken Volkstribun ein Idol. In seinem Kampf gegen das Patriarchat und für das „kleine Volk“ setzt er auf soziale Medien. Wenn Mélenchon das Ende der „präsidentiellen Monarchie“ verspricht, klingt er, als sei er einer der Chef-Revolutionäre aus der Zeit von Juli 1789. Zugleich führt er seine Bewegung LFI, die er ganz auf sich selbst zugeschnitten hat, autoritär.
Sie ging 2016 aus der 2008 von ihm gegründeten französischen Linkspartei hervor, als Mélenchon die Sozialisten nach über 30 Jahren Mitgliedschaft verließ. Dass sie nun als Juniorpartner seiner Nupes-Allianz beitrat, ist ein später Triumph. Was sie seit jeher getrennt hatte, waren seine Ablehnung sozialdemokratischer Reformen und die Haltung zur EU: Vor dem Referendum über einen EU-Verfassungsvertrag 2005 warb Mélenchon entgegen der sozialistischen Parteilinie für eine Ablehnung, zu der es dann auch kam. In ihrem aktuellen Wahlprogramm fordert Nupes „europäischen Ungehorsam“ überwiegend in der Fiskalpolitik.
Anders als noch vor fünf Jahren fordert Mélenchon aber nicht mehr für den Austritt Frankreichs aus der EU, wohl aber noch aus der NATO. Bis zu Russlands Überfall auf die Ukraine hat er Präsident Wladimir Putin gegen eine „imperialistisch auftretende USA“ verteidigt.
Geboren ist Mélenchon im marokkanischen Tanger, das damals zu einer von mehreren Ländern verwalteten „internationalisierten Zone“ gehörte, als Sohn einer Grundschullehrerin und eines Mitarbeiters des Fernmeldedienstes. Die Eltern hatten spanische Wurzeln. Mit elf Jahren kam er mit seiner Mutter nach Frankreich, wo er sich im Mai 1968 als Gymnasiast an den Studentenrevolten beteiligte. Während seines Studiums der Philosophie und Literaturwissenschaft engagierte er sich in der trotzkistischen Studentenorganisation OCI, deren Büro in Besançon er leitete.
Nach diversen Jobs unter anderem als Journalist und Lehrer begann er seine politische Karriere in der Lokalpolitik, wurde Senator, beigeordneter Minister für Berufsbildung, saß in der Nationalversammlung und im EU-Parlament. Der charismatische Politiker, dessen einzige Tochter sich ebenfalls in seiner Partei engagiert, verdankt seine Bekanntheit unter anderem seinen regelmäßigen Wutausbrüchen. Vor der Präsidentschaftswahl kam es zu heftigen TV-Debatten mit dem rechtsextremen Kandidaten Éric Zemmour. 2018 stellte sich Mélenchon mit den Worten „Die Republik, das bin ich!“ Finanzermittlern entgegen, die seine Parteizentrale aufsuchten.
Sollte sein Ziel scheitern, Regierungschef zu werden, könnte er sich in den politischen Ruhestand verabschieden. Es wäre keine Rente mit 60, wie er selbst sie bewirbt. Aber für Jean-Luc Mélenchon gelten eben andere Regeln.
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