Mit der bisherigen Arbeitsministerin Élisabeth Borne, die zuvor die Ressorts Transport und Umwelt geleitet hatte, entschied sich Macron für eine loyale Weggefährtin. Außerdem verfügt sie über Regierungserfahrung, hat schwierige Reformen durchgebracht, gilt als kompetent bei sozialen, ökologischen und industriellen Themen – all das waren wichtige Kriterien für die Entscheidung.
Die 61-Jährige sagte bei ihrer Amtseinführung am Montagabend, sie wolle alle kleinen Mädchen dazu ermuntern, „ihre Träume bis zum Ende zu verfolgen“: „Nichts darf den Kampf für den Platz der Frauen in unserer Gesellschaft bremsen.“ Die Absolventin zweier Ingenieurs-Elitehochschulen hat selbst eine glänzende Karriere hingelegt, unter anderem als Präfektin, Strategie-Direktorin des Bahnkonzerns SNCF und Chefin der Pariser Nahverkehrsbetriebe RATP.Politisch gehört Borne im Gegensatz zu ihren Vorgängern Jean Castex und Édouard Philippe, die Macron den Konservativen abgeworben hatte, eher dem linken Lager an.
Sie hatte kein Parteibuch, war aber Beraterin des sozialistischen Premierministers Lionel Jospin und Büroleiterin der Umweltministerin Ségolène Royal. Dies lässt sich als Botschaft an Mitte-Links-Wähler lesen. Denn der radikale Linke Jean-Luc Mélenchon, der bei der Präsidentschaftswahl mit 22 Prozent nur knapp auf dem dritten Platz landete, hat für die Parlamentswahlen im Juni ein Bündnis mit den Sozialisten, den Grünen und den Kommunisten geschmiedet. Sollte dieses eine Mehrheit in der Nationalversammlung erreichen, will Mélenchon Premierminister werden. Das Regieren ohne eigene Mehrheit wäre für Macron ungleich schwieriger.
Zumal die nächsten großen Baustellen anstehen: ein Paket für die Kaufkraft, um die Folgen der Inflation abzufedern und eine Rentenreform, bei der das Renteneintrittsalter von 62 auf 65 Jahre erhöht werden soll. Élisabeth Borne wird die Hartnäckigkeit, die ihr nachgesagt wird, brauchen. Simone Weiler, Paris
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