Historisches Links-Bündnis will Macron bremsen

Historisches Links-Bündnis will Macron bremsen
Nach den Parlamentswahlen im Juni will man den Premier neben dem liberalen Präsidenten stellen. Diese Konstellation gibt es nicht oft.

Von Simone Weiler

Dem linken Lager in Frankreich ist vor den Parlamentswahlen im Juni etwas gelungen, das bei der Präsidentschaftswahl Ende April gescheitert war: Absprachen zu finden, um einen gemeinsamen Block zu bilden.

Traten bei der Präsidentschaftswahl noch ein halbes Dutzend Kandidatinnen und Kandidaten aus dem linken Spektrum an, so schlossen deren Parteien nun ein Bündnis. Und interessierten sich die Medien monatelang nur wenig für die zersplitterten Linken, so bestimmen diese derzeit die Schlagzeilen. Allein das kann als Erfolg gewertet werden.

Zugpferd Mélenchon

Verhandlungsführer als stärkste Kraft ist die Linkspartei „Das unbeugsame Frankreich“ von Jean-Luc Mélenchon, der bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl 22 Prozent erreicht und damit nur knapp die Stichwahl verpasst hat. Sie schloss in dieser Woche Absprachen mit der Grünen-Partei „Europa-Ökologie – Die Grünen“, den Kommunisten und der Sozialistischen Partei ab.

Dieser droht nun allerdings die Spaltung. Der ehemalige Premierminister Bernard Cazeneuve trat aus, auch Ex-Präsident François Hollande warnte vor dem Ende der Traditionspartei, die einen wichtigen Teil ihrer proeuropäischen Identität aufzugeben droht, indem sie sich den EU-skeptischen „Unbeugsamen“ unterordnet.

"Macht mich zum Premier!"

Bei den Gesprächen ging es um die Einigung auf ein gemeinsames Programm und um die Aufteilung der Wahlkreise. So hofft Mélenchon, insgesamt eine linke Mehrheit der 544 Sitze in der Nationalversammlung hinter sich zu bekommen.

„Machen Sie mich zum Premierminister!“, appellierte der 70-jährige Linkspopulist seit der Präsidentschaftswahl an die Wahlberechtigten. Denn das Lager, das zur stärksten Kraft im Unterhaus des Parlaments wird, stellt den Regierungschef.

Ob es dem wiedergewählten Präsidenten Emmanuel Macron nochmals gelingt, eine eigene Mehrheit zu bekommen, ist unsicher. Im gegenteiligen Fall müsste Macron sich auf eine „Kohabitation“ mit einer oppositionellen Partei einlassen.

Umfragen sehen das neue linke Bündnis zwar nicht an der Spitzenposition. Trotzdem gilt der Zusammenschluss zwischen den radikalen Linken, den Grünen, den Kommunisten und Sozialisten als historisch. Die Vereinbarung dieser „neuen ökologischen und sozialen Volksunion“ sieht neben den Forderungen, den Mindestlohn auf 1.400 Euro pro Monat zu erhöhen und das Renteneintrittsalter von 62 auf 60 Jahren zu senken, „Ungehorsam“ gegenüber „gewissen europäischen Regeln“ wie der gemeinsamen Agrar- und Wettbewerbspolitik oder dem Stabilitätspakt vor.

"Zwangsehe"
Die Kohabitation eines Präsidenten aus einer Partei und eines Premiers einer anderen Partei ist in Frankreich selten. Sie wird auch gern als „politische Zwangsehe“ bezeichnet. Erstmals kam das 1986 vor

Enge Kooperation
Laut Verfassung sind die Aufgaben klar verteilt: Der Premier bestimmt die Politik, der Präsident ist „Garant der nationalen Einheit“ und ist für die Außen- und die Verteidigungspolitik zuständig. Beide sind zur engen Zusammenarbeit gezwungen

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