Dieser Präsident war Trumps Abschiebe-Vorbild

Operation Wetback: In den 1950er-Jahren gab es schon einmal Massenabschiebungen aus den USA
1955 zogen Tausende orientierungslose Menschen in der sengenden Sonne durch die Straßen von Mexicali gleich hinter der Grenze zu Kalifornien. Abgesetzt von US-Einwanderungsbeamten, die sie im Süden der Vereinigten Staaten aufgegriffen hatten, wo sie Häuser und Arbeitsplätze hatten. Jetzt saßen sie – oft getrennt von ihren in den USA geborenen Kindern – in einer Stadt fest, in der sie keiner kannte.
Esteban Torres war drei Jahre alt, als sein Vater in sein Herkunftsland Mexiko abgeschoben wurde. „Eines Tages kam mein Vater nicht mehr nach Hause. Mein Bruder und ich standen ohne Vater da. Wir sahen ihn nie wieder“, erinnerte sich der ehemalige US-Abgeordnete 2015 in der Los Angeles Times. Die mexikanischen Einwanderer waren in die Mühlen der Operation Wetback geraten.
Die rabiateste Abschiebeaktion in der Ära des republikanischen US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower hat sich Donald Trump zum Vorbild genommen. Er tönte bereits 2015:

Ich mag Ike. Er hat 1,5 Millionen illegale Einwanderer aus diesem Land gebracht.
über Präsident Eisenhower
Und jetzt macht er selbst ernst.
Hin und Her
Illegale Einwanderung ist ein ewiges Thema in den USA: Schon in den 1930er-, 1940er- und 1950er-Jahren gab es große Deportationskampagnen gegen angeblich unrechtmäßig Eingewanderte. Millionen mexikanischer Staatsbürger wurden damals über die Grenze nach Süden gekarrt.
Einwanderung hat die Vereinigten Staaten geprägt. Seit der Unabhängigkeit 1776 sind geschätzt 100 Millionen Menschen in die USA gekommen.
1950 bis 1970 führte ein restriktives Migrationsregime dazu, dass die Zahl der Einwanderer geringer wurde: Nur etwa sechs Millionen Immigranten kamen, der Anteil der im Ausland Geborenen an der Gesamtbevölkerung sank auf ein historisches Tief von unter fünf Prozent.
Um 1900 lag er noch bei 15 Prozent. Eine weiße Mehrheit (90 %) stand einer schwarzen Minderheit (10 %) gegenüber. Asiaten und Hispanics fielen numerisch kaum
ins Gewicht.
Ab 1965 wanderten 1,5 Millionen Asiaten ein. Der Zuzug aus Lateinamerika war noch stärker. Bis zum Ende des Jahrhunderts stammte etwa jeder zweite illegale Einwanderer von dort, zwei Drittel kamen aus Mexiko.
Bei einer Gesamtbevölkerung von 330 Millionen dürfte die Zahl jener ohne legalen Aufenthaltsstatus heute bei elf Millionen liegen.
Der US-Historiker Mitchell Ash spricht von „einem Hin und Her, wenn es um die Beziehungen zu Mexiko geht. Die USA brauchten damals dringend Arbeitskräfte und das ist bis heute so. Es gibt keinen Tag, an dem die USA keine Arbeitskräfte aus Mexiko gebraucht hätten“. Vor allem die Großlandwirtschaft sei bis heute auf helfende Hände angewiesen, weil nicht alles mechanisiert werden könne. „Auch wenn Migrationsgegner das behaupten – die sollten mal versuchen, Artischocken, Zucchini, Tomaten oder Spargel mit Maschinen zu ernten.“

Gemüse und Beeren konnten in den 1950er-Jahren genauso wenig maschinell geerntet werden wir heute. Dazu braucht es helfende Hände
1942 wurden Mexikaner sogar offiziell eingeladen, auf den US-Feldern zu arbeiten. Die Aktion wurde als Operation Bracero bekannt. Das Programm schleuste Mexikaner auf legaler, vorübergehender Basis in die USA im Austausch gegen garantierte Löhne von 30 Cent pro Stunde und humaner Behandlung. Schätzungsweise 4,6 Millionen Mexikaner kamen zwischen 1942 und 1964 über das Bracero-Programm legal ins Land, Staaten wie Kalifornien wurden bald von Bracero-Arbeitern abhängig.

Bracero-Arbeiter kamen legal
Doch dann schlug die Gier der Farmer zu: „Man wollte die Arbeiter billig haben und das heißt irregulär“, erzählt Ash. Und die Mexikaner kamen. Hunderttausende überquerten ohne Erlaubnis die Grenze und fanden Arbeit bei Farmern, die bereit waren, das Gesetz zu missachten. Gleichzeitig kriminalisierten und dämonisierten Politiker wie Medien die Mexikaner, Migranten wurden zu Sündenböcken für alle möglichen Fehlentwicklungen gemacht.
Mastermind
Der Mastermind hinter der Hetzkampagne gegen die irregulär Eingewanderten war der Leiter der Grenzpolizei, Harlon B. Carter. Der verurteilte Mörder hatte 1931 einen Latino getötet und war Chef der National Rifle Association (NRA). Er überzeugte Eisenhower von einem verschärften Einwanderungskurs. Am 17. Juni 1954 segnete der Präsident die Operation Wetback ab.
Die Abschiebeaktion trug die rassistische Verachtung im Namen: "Wetback", "Nassrücken“, war ein abfälliger Ausdruck für Migranten aus Mexiko, die den Rio Grande durchschwommen hatten. Das Rio-Grande-Tal war auch der Ausgangspunkt für die Aktion: Das Militär arbeitete sich nach Norden vor, nahm sich erst Kalifornien, dann Arizona und Texas vor. Hunderte Agenten führten Razzien durch, durchkämmten Felder, Fabriken, Wohnviertel.
„Höllenschiffe“
Allein in Chicago starteten drei Flugzeuge pro Woche Richtung Mexiko. Die aufgegriffenen Menschen wurden in Züge und überfüllte, heiße Greyhound-Busse gesteckt, Tausende wurden mit klapprigen Bananenbooten – „Höllenschiffe“ genannt – gen Süden transportiert.

In Zügen, Bussen, Flugzeugen und auf Schiffen ging es zurück ins Herkunftsland
Mehr als eine Million Menschen sei deportiert worden, behauptete die Regierung später, was Rechte wie Donald Trump bis heute als vorbildhaften Erfolg feiern. Historikerin Kelly Lytle Hernandez bezweifelt das und geht eher von 300.000 Abgeschobenen aus.
Fazit
Letztlich blieb Operation Wetback erfolglos – viele Ausgewiesene kehrten in die USA zurück, US-Farmer wollten nicht auf die billigen Arbeitskräfte verzichten. Historiker Ash: „Das, was Trump jetzt vorhat, ist analog dazu, aber die Zahlen waren damals ungleich kleiner. Die Abschiebungen erfolgten nur regional, im Süden. Die jetzt geschätzt elf Millionen Illegalen sind überall in den USA. Damals waren die Maßnahmen nicht von Erfolg gekrönt, und unter Trump wird das jetzt auch nicht anders sein.“
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