London, Paris, Dublin: Im Westen fallen trotz Omikron die Beschränkungen

Johnson im nordenglischen Brexit-Territorium weiter auf Siegeskurs
In mehreren Ländern werden jetzt Corona-Restriktionen für die Bevölkerung zurückgenommen. In Frankreich sogar bei einer Inzidenz von 5000

Bei Boris Johnson dürfte das Ende der Maskenpflicht in England auch innenpolitische Gründe haben. Der britische Premier steht wegen der Parties in der Downing Street während des Lockdowns massiv unter Druck - auch in seiner eigenen Partei. Mit Spannung wartet das Land derzeit auf das Ergebnis einer internen Untersuchung.

Johnson hat am Mittwoch für den größten Landesteil das sofortige Ende der Maskenpflicht in Schulen verkündet. Zudem gilt seit Donnerstag nicht mehr die Aufforderung, möglichst von Zuhause zu arbeiten. Kommende Woche läuft dann auch die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr, in Geschäften und anderen öffentlichen geschlossenen Räumen aus.

In Wales beispielsweise ist das Vorgehen wesentlich vorsichtiger. Dort wirft man Johnson ein Ablenkungsmaöver vor. Die Zahl der Neuinfektionen ist in Großbritannien zwar rückläufig, lag aber am Donnerstag noch immer bei 107.000. (Derzeitige 7-Tage-Inzidenz: 1.350).

Und während andere Länder, wie Österreich, gerade erst voll von der Omikron-Welle getroffen werden, ist England mit den Lockerungen nicht alleine.

Mit heutiger Wirkung dürfen in Irland Pubs, Restaurants und Discos wieder öffnen ohne Impfnachweise zu verlangen oder Abstandsregeln zu beachten. Teilnehmerbeschränkungen für Veranstaltungen fallen ebenso weg wie Vorschriften für private Treffen. Vom kommenden Montag an endet zudem die Pflicht zum Homeoffice. Irland habe den "Omikron-Sturm" überstanden, sagte Regieurngschef Micheal Martin. Vor zwei Wochen lag die 7-Tage-Inzidenz in Irland noch bei 2.840 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Mittlerweile sinkt der Wert wieder in Richtung 1.500 (Österreich, letzter Stand von Mittwoch: 1.400)

Bereits seit Montag gelten auch auf Malta lockerer Regeln für diejenigen, die bereits die dritte Impfdosis erhalten haben. Geboosterte können das Tragen von Masken im Freien vermeiden, solange nicht mehr als zwei Personen zusammen sind, sie müssen in Bars und Restaurants auch keinen Abstand von zwei Metern einhalten und können Sportveranstaltungen besuchen.

Besonders interessant ist das Vorgehen in Paris. In Frankreich wurden nun Lockerungen für Februar angekündigt. Auch in Frankreich wird gewählt. Ob die Rücknahme der Corona-Maßnahmen zu halten sein wird, muss sich freilich erst weisen. Derzeit liegt die 7-Tage-Inzidenz jenseits der Marke von 5.000 und damit auf Rekord-Niveau.

Hält der Plan jedoch, könnten ab dem 2. Februar die Teilnehmerbeschränkungen für Sport- und Kulturveranstaltungen aufgehoben werden - ebenso wie Maskenregelungen im Freien. Die Homeoffice-Verpflichtung wird in eine Empfehlung umgewandelt. Am 16. Februar dürfen Diskotheken wieder öffnen, auch das Essen und Trinken in Zügen ist dann wieder erlaubt.

Gleichzeitig wurden in Paris aber auch strengere Reglen für Ungeimpfte beschlossen. Denn es gilt dann die 2-G-Regel (geimpft oder genesen) in der Gastronomie, in Kulturstätten, bei Sportveranstaltungen und auch im öffentlichen Fernverkehr.

Aber nicht alle größeren europäischen Länder lockern bereits. In Deutschland hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) klar gemacht, dass er von Lockerungen aktuell nichts halte. 

Auf die Frage, ob es bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag zu Verschärfungen kommen müsse, sagte der SPD-Politiker der "Rheinischen Post" (Samstag): "Nein, dazu rate ich nicht. Ich bin dafür, dass wir die bestehenden Maßnahmen beibehalten, also nicht ausweiten." 

Eine Lockerung wäre aber fatal, warnte er. "Wir würden Öl ins Feuer gießen und die Welle beschleunigen." Man sei zwar auf dem richtigen Kurs und "schon dabei, aus der drohenden Omikron-Wand einen Hügel zu machen". "Es mag angesichts der riesigen Zahlen nicht so wirken, aber der Anstieg verläuft ungefähr genauso, wie er im Vorfeld berechnet wurde, und er verläuft kontrolliert. Entscheidend war, dass wir die Verdopplungszeit der Fallzahlen dank der vergleichsweise strengen Regeln in Deutschland von zwei auf sechs Tage strecken konnten." Trotzdem könne man eine Überlastung der Intensivstationen, der Krankenhäuser und den Einbruch von Teilen der Infrastruktur noch nicht ausschließen.

In Deutschland liegt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner aktuell bei 772,7. Am Samstagmorgen gab das Robert-Koch-Institut 135.461 Neuinfektionen an. Noch vor einer Woche lagen die Neuinfektionen bei etwa der Hälfte innerhalb von 24 Stunden.

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