Zahlreiche Kommandanten seiner Feinde hat Israel bisher getötet. Nach wie vor ist unklar, wie der Gegenschlag gegen den Iran aussehen wird – und auch, wie sich eine Nachkriegsordnung gestalten soll
Wieder ein Luftangriff auf die libanesische Hauptstadt Beirut, wieder ein hochrangiger Hisbollah-Kommandant tot.
Am Dienstag traf es Suhail Hussein Husseini, Mitglied des Dschihad-Rats und verantwortlich für die Verteilung der Waffenlieferungen aus dem Iran an die Terrormiliz.
Mit den Pager-Attacken, der Ausschaltung Hassan Nasrallahs und der noch unbestätigten Tötung dessen designierten Nachfolgers hat Israel der schiitischen Terrororganisation schwere Schläge zugefügt.
Nasrallah-Nachfolger vermutlich ebenfalls tot
Auch der aussichtsreichste Kandidat für die Nachfolge des getöteten Hisbollah-Generalsekretärs Hassan Nasrallah, Hashem Safieddine, ist laut dem israelischen Verteidigungsminister vermutlich tot. Yoav Gallant erwähnte den Chef des Hisbollah-Exekutivrats dabei nicht namentlich.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte in einer am Dienstagabend veröffentlichten Videoansprache, Israel habe "Tausende Terroristen ausgeschaltet, darunter Nasrallah selbst und Nasrallahs Nachfolger und den Nachfolger seines Nachfolgers." Auch er nannte dabei den Namen Safieddines nicht.
Neben anderen wichtigen Führungskadern sollen etwa 250 Offiziere – vom Zugs- bis zum Bataillonskommandanten – getötet worden sein. Israels Verteidigungsminister Gallant sagte am Dienstag zudem, die Hisbollah sei "zerschlagen und zerbrochen". Dennoch stoßen die israelischen Soldaten bei ihrer Bodenoperation im Südlibanon auf erbitterten Widerstand. Die Hisbollah dürfte stark – und vor allem in mehr oder weniger autark voneinander operierenden Zellen – organisiert sein. Zumindest bis die Vorräte an Munition und Waffen zuneige gehen.
Und die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) erhöhen die Anzahl ihrer Soldaten massiv: Am Dienstag entsandten die IDF eine vierte Division in den Südlibanon – somit könnten mittlerweile mehr als 20.000 Soldaten am Boden gegen die Hisbollah kämpfen.
Das ist nur eine von mehreren Fronten, an denen Israel kämpft: In Gaza tobt der Krieg weiter, die Houthis aus dem Jemen beschießen Israel ebenso wie irantreue Milizen aus dem Irak – und noch immer erwartet der Iran einen Gegenschlag Israels. Im Zuge des seit einem Jahr andauernden Kriegs hat Israel zahlreiche Köpfe der Hisbollah, der Hamas und des Iran getötet. Militärisch und vor allem geheimdienstlich hat Israel gezeigt, dass es seinen Feinden überlegen ist. Doch bleibt die Frage, was danach kommt.
Noch ist nicht klar, wie es mit dem Gazastreifen weitergehen soll, so die Hamas endgültig militärisch besiegt ist. In den Köpfen der Palästinenser wird sie weiterleben – ebenso wie die Hisbollah in den Köpfen der libanesischen Schiiten. Und auch im Westjordanland wird sich die Lage so rasch nicht beruhigen. Israel wiederum kämpft um sein Überleben – und gegen eine zahlenmäßig vielfach stärkere Übermacht.
„Hisbollah ein Monster“
Gleichzeitig ist auch im Land selbst die Kritik an Premier Benjamin Netanjahu lauter geworden. Angehörige der seit mehr als einem Jahr verschleppten Geiseln machten den Anfang. Und immer wieder wird die Kritik laut, Netanjahu wolle mit der Operation im Südlibanon mehr sich und seine Regierung retten. Allerdings hat der Premier auch seine Fürsprecher, die seit Langem fordern, die Bedrohung Hisbollah ein für alle Mal zu vernichten. „Die Hisbollah ist ein Monster, das man nicht einfach töten kann“, sagt Antoni zum KURIER, ein christlicher Libanese, der kurz davor ist, auszuwandern.
Die ständigen Bombardements und die Angst vor einer weiteren Eskalation treiben ihn dazu, dem Beispiel seiner Freunde zu folgen und seine Heimat zu verlassen. „Sie können die Kommandanten töten – es werden neue nachkommen“, sagt er. Die Hisbollah habe den Libanon in Geiselhaft gehalten – jetzt drohe dem Land der endgültige Absturz. „Denn auch die Israelis machen sich keine Gedanken darüber, was danach kommen soll.“ Eine Umsetzung der UN-Resolution 1701, wonach die Hisbollah entwaffnet werden soll, würde zwar gut klingen, „aber man hat es seit 2006 nicht geschafft und ich glaube nicht, dass das wirklich gelingen kann“, sagt Antoni.
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