Leben in der besetzten Ostukraine: Ausreisen lassen sie keinen mehr

Leben in der besetzten Ostukraine: Ausreisen lassen sie keinen mehr
Die Separatistenregionen sind abgeriegelt, die Menschen verarmt - sie schwenken die russischen Fahnen, weil sie sich ein besseres Leben wünschen.

Auf den Videos jubeln die Menschen, sie skandieren „Russland“, „Putin“, „Freiheit“ und schwenken Fahnen. Zu Hunderten stehen sie auf den Straßen, Feuerwerkskörper werden abgeschossen.

Wer die Bilder aus den besetzten „Volksrepubliken“ im Osten der Ukraine sieht, aufgenommen kurz nach Putins Anerkennung der Gebiete, könnte an echte Freude glauben. Yana Lysenko tut das nicht. „Bei der Bewertung muss man vorsichtig sein. Für mich sieht das angesichts der überschaubaren Menge auf den Bildern und vor dem Hintergrund der von den Separatisten propagierten Angriffsgefahr durch ukrainische Kräfte gestellt aus."

Leben hinter dem Vorhang

Lysenko, 28 Jahre, lebt in Bremen, sie ist Wissenschafterin an der Forschungsstelle Osteuropa; geboren wurde sie aber dort, wo jetzt russische Flaggen geschwenkt werden – in der Region Donezk, gemeinhin als Separatistengebiet bekannt. „Das ist ein völlig isoliertes Gebiet", sagt sie. Wenn die Menschen jubeln, dann vor allem weil sie auf Besserung ihrer Lebenssituation hoffen, meint sie.

Das Leben in den besetzten Donbass-Gebieten ist eines hinter dem Vorhang. Was hinter der 420 Kilometer langen Kontaktlinie zur Ukraine passiert, dringt kaum nach außen. Das Gebiet war seit 2014 schwer erreichbar, seit der Coronapandemie ist es weitgehend abgeriegelt – und seit der jüngsten Eskalation lässt die Separatistenführung kaum jemanden mehr ausreisen, vor allem junge Männer nicht. „Die Jungen, Wehrfähigen verstecken sich zum Teil zu Hause“, sagt Lysenko, die für ihre Forschung regelmäßig Menschen vor Ort interviewt.

Das Leben in der besetzten Zone, sagt die Ukrainerin, sei geprägt von finanziellen Sorgen, Schattenwirtschaft und Isolation. Der Donezker Flughafen, 2014 zerstört, ist noch immer eine Ruine; das Stadion des Fußballvereins Schachtar Donezk ist seit acht Jahren unbenutzt. In den Gebäuden, die einst McDonald’s hießen, wird von unter dem Namen „DonMac“ Kaffee angeboten – internationale Ketten sucht man freilich vergebens, und auch die Jobs sind rar.

Zuverlässig ist nur das, was die Führung der „Volksrepubliken“ anbietet. Wer im Staatsdienst der Separatisten steht – und das tun viele, weil andere Einkunftsmöglichkeiten seit dem Krieg weggebrochen sind – bekommt im Schnitt ein wenig mehr als 200 Euro im Monat. Konsumgüter hätten aber überwiegend Moskauer Preise: „Ein Paar Adidas-Turnschuhe kostet gleich viel wie ein Monatslohn.“

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Der Donezker Flughafen

Nur Ältere sind geblieben

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