Last Call Brexit: Viele Briten ziehen in die EU

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Sie wollen sich EU-Rechte sichern und gehen nach Spanien, Irland, Frankreich oder Deutschland. 1,3 Millionen Briten leben in der EU.

„Brexit spielte eine große Rolle. Ich war um die Zukunft besorgt,“ erzählt Laura. Inmitten der Corona-Pandemie übersiedelte die 29-jährige Engländerin im September von London nach München. „Ich wollte schon als Teenager in Europa leben, weil ich oft mit der britischen Kultur und Politik nicht einverstanden war, aber ein stabiler Job hielt mich in Großbritannien.“

Dann übernahm die Pharma-Beratungsfirma, für die sie arbeitet, ein Unternehmen in München, und sie beantragte eine Versetzung. „Deutschland stand nicht ganz oben auf meiner Liste, aber mit dem deutschen Büro hat es bei mir plötzlich klick gemacht,“ sagt sie.

Laura ist nicht allein. Premier Boris Johnsons Team verhandelt jetzt zwar wieder mit der EU über ein Freihandelsabkommen. Aber eine wachsende Zahl an Briten hat seit dem Brexit-Votum 2016 das Land zugunsten des Kontinents verlassen – auch heuer, um vor Ablauf der Brexit-Übergangsperiode Ende des Jahres in die EU zu siedeln.

Laut Think Tank Institute for Government garantiert das Brexit-Abkommen britischen Staatsbürgern mit „rechtmäßigem Wohnsitz“ in EU-Staaten „im Großen und Ganzen die gleichen Rechte wie jetzt“, solange sie die Aufenthaltserlaubnis bis zur im jeweiligen Land geltenden Frist beantragen. Ob sie nach Brexit frei in andere EU-Länder ziehen können, „wird in den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen“ zwischen London und EU behandelt.

„Ich muss mich nicht mit Visa herumschlagen, und meine Rechte sind gesichert,“ sagt Laura.

UN-Daten für 2019 zeigen, dass 1,3 Millionen Briten in EU-Ländern leben, die meisten davon in Spanien, Irland, Frankreich und Deutschland.

Eine Studie vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) für Sozialforschung mit der Gruppe Oxford in Berlin fand heraus, dass die Zahl britischer EU-Auswanderer seit 2010 kontinuierlich gestiegen ist, aber durch die „Unsicherheit des Brexits“ besonders angeheizt wurde.

2018 waren es 80.000, laut Autoren ein 10-Jahres-Hoch. Für 2019 schätzen sie die Zahl sogar auf 84.000, weit über den 58.000, die 2015, dem Jahr vor dem Brexit-Votum, auswanderten. Da der Anstieg etwa doppelt so hoch ist wie der bei EU-interner Migration insgesamt, ist der Unterschied „sehr wahrscheinlich vom Brexit getrieben,“ erklärt Daniel Auer vom WZB dem KURIER. Interviews mit Einwanderern in Deutschland zeigen ebenfalls, „dass der Brexit eine wichtige Rolle spielte und oft auch der einzige Grund war“.

Auch Sue Wilson, die Gründerin von Bremain in Spain, einer Gruppe, die Rechte britischer Migranten in Spanien vertritt, sagte dem Guardian, dass Landsleute „ihre Pläne beschleunigen“, um für die Zeit im Ruhestand oder für die Karriere in das Land zu kommen.

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