Kurz: "Europa mitten in zweiter Welle angelangt"

Coronavirus containment efforts in Austria
Allen europäischen Ländern gehe es mit der Corona-Pandemie gleich, so der Kanzler. Die EU-Länder wollen nun enger zusammenarbeiten.

Der erste Tag des EU-Gipfels in Brüssel stand ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Die Staats- und Regierungschefs hätten bei der Debatte gestern davon gesprochen, dass "wir mitten in der zweiten Welle in Europa angelangt sind", berichtete Kanzler Sebastian Kurz nach dem Treffen.

Die Situation sei in "allen europäischen Ländern gleich", so Kurz. Überall würden die Zahlen massiv ansteigen, "in manchen Ländern etwas früher in manchen Ländern etwas später".

Alle Regierungen, so Kurz weiter, hätten mit denselben Herausforderungen zu kämpfen: "Sehr viele Beschwichtiger, aber gleichzeitig, die Gewissheit, dass wenn sich das Wachstum weiter so fortsetzt, dass wir definitiv an einem problematischen Punkt angelangen."

Ab einem gewissen Level werde Contact-Tracing unmöglich für die Behörden, erklärte der Bundeskanzler. Die Folge wäre ein Lockdown. "Das ist überall dasselbe Muster." Er forderte nicht zuzuwarten, sondern zu reagieren.

EU leaders summit in Brussels

An die Bevölkerung appellierter Kurz, die Lage "ernst zu nehmen". Partys und Feiern würden nicht nur gesundheitlich gefährlich sein, sondern könne "das Verhalten auch dazu führen, dass viele Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, weil drastische Maßnahmen" verhängt werden müsste.

Auch an die "besonders betroffenen Bundesländer" bekräftigte der Bundeskanzler seinen Appell, zu reagieren.

EU-Länder wollen enger zusammenarbeiten 

Angesichts dramatisch steigender Infektionszahlen haben die Staats-und Regierungschefs der EU dann eine intensivere Zusammenarbeit bei der Pandemiebekämpfung vereinbart. In einer Erklärung sprachen sie sich  für eine bessere Koordination bei den Quarantänevorschriften, der grenzüberschreitenden Kontaktverfolgung sowie bei Teststrategien, Impfkapazitäten und Reisebeschränkungen aus.

BELGIUM-EU-POLITICS-SUMMIT

Die derzeitige Situation sei "beispiellos" und gebe "Anlass zu ernsthafter Besorgnis", hieß es in der Erklärung. Angela Merkel betonte nach den Beratungen, es gehe darum, ein ungebremstes Wachstum der Infektionszahlen zu verhindern. Deshalb werde es künftig regelmäßigere Konsultationen auch über Video geben. "Die Frage, wie wir aus dieser Pandemie herauskommen, die entscheidet über die Gesundheit von ganz vielen Menschen. Die entscheidet über die Frage: Wie viele Menschen müssen sterben? Und sie entscheidet auch über unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit", betonte die CDU-Politikerin.

Klima und Brexit

Am ersten Gipfeltag hatten sich die Regierungschefs zudem über die Klimaziele bis 2030 sowie die Post-Brexit-Verhandlungen ausgetauscht.

In Sachen Brexit hätten die EU-Staaten EU-Chefverhandler Michel Barnier "ganz viel Unterstützung" zugesagt, berichtete Kurz. Er solle die Gespräche "ambitioniert" weiterführen, mit dem Ziel ein Ergebnis zu erreichen - "aber nicht um jeden Preis". Dass der britische Premierminister Boris Johnson am Freitag die Verhandlungen abbrechen werde, glaubt Kurz nicht.

Der EU-Unterhändler Barnier erklärte, er sehe noch Chancen auf eine Einigung. Der EU-Gipfel gab ihm das Mandat für Gespräche über die strittigen Fischereirechte, den Streitschlichtungsmechanismus und den Zugang zum britischen Markt und zum EU-Binnenmarkt.

Die Gespräche über das Klimaziel werden unterdessen beim nächsten EU-Gipfel im Dezember weitergehen. Die EU-Kommission forderte zuletzt, den Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 zu bringen. Die österreichische Position, so Kurz, habe bei der Debatte viel Zuspruch bekommen: "Ein klares Ja zu ambitionierten Klimazielen, aber immer nur Hand in Hand mit Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union aufrechtzuerhalten."

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