Kurz blockiert EU-Annäherung an Türkei

Kurz ist in der EU einer der schärfsten Kritiker des türkischen Präsidenten Erdoğan
Der Außenminister wird einen Beschluss seiner EU-Kollegen verhindern und fordert das Einfrieren der Beitrittsgespräche.

"Ich kann und werde diesem geplanten Beschluss nicht zustimmen." Mit dieser klaren Ansage im KURIER stellt sich Österreichs Außenminister Sebastian Kurz neuerlich an die Spitze jener Länder, die einen deutlich härteren Kurs gegenüber der Türkei fordern. Damit ist das zweitägige Treffen der EU-Chefdiplomaten ab Montag in Brüssel zum Scheitern verurteilt. Eigentlich hätte dort ein Text abgesegnet werden sollen, in dem die Entwicklung des Beitrittskandidaten skizziert wird.

Allerdings enthalte der derzeitige Entwurf, so Kurz, nicht die "notwendige Reaktion" auf die autoritären Züge der Staatsführung unter Präsident Tayyip Erdoğan nach dem Putschversuch vom 15. Juli: "Da werden Andersdenkende eingeschüchtert, Politiker und Journalisten eingesperrt. Und über die Wiedereinführung der Todesstrafe wird diskutiert."

Es gehe um Glaubwürdigkeit der EU

Die EU dürfe nicht über diese "Fehlentwicklungen" hinwegsehen und weitermachen, als ob nichts geschehen wäre. Da gehe es um die Glaubwürdigkeit der Union. "Bei anderen Ländern hätten wir anders reagieren. Wir können nicht mit zweierlei Maß messen", sagt Kurz.

Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus den Niederlanden und Bulgarien hat der Außenminister einen alternativen Entwurf erarbeitet, für den er schon im Vorfeld intensiv wirbt. "Ich bin dafür, die Beitrittsgespräche mit der Türkei sofort auf Eis zu legen. Wir sollten uns da an die Abstimmung des EU-Parlaments halten, wo die Abgeordneten über die Parteigrenzen hinweg mit großer Mehrheit genau das gefordert haben. Das sind immerhin die demokratisch gewählten Volksvertreter Europas", betont der Außenminister.

Durch Flüchtlingspakt mit Türkei in Abhängigkeit begeben

Realistische Chancen, mit seinem Vorstoß durchzukommen, hat Kurz nicht. Länder wie Deutschland oder andere NATO-Partner der Türkei stehen auf der Bremse. Einen der Gründe ortet der Chefdiplomat in der Furcht, Erdoğan könnte die Flüchtlinge in der Türkei (drei Millionen) Richtung Europa schicken – der Pakt der EU mit dem Land hat seit März den Zustrom drastisch reduziert. Kurz: "Da hat man sich aber zu sehr in eine Abhängigkeit begeben."

Zu den Meldungen, wonach Ankara in Österreich lebende Türken aufgefordert habe, Anhänger der Gülen-Bewegung zu denunzierten (sie wird für den gescheiterten Umsturz verantwortlich gemacht), wollte sich der Außenminister vorerst nicht äußern. Die Sache werde geprüft.

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